Polizeigewerkschaft: Basis bleibt unruhig

Mainz · Mehr Neueinstellungen sowie Freizeitausgleichskonten - ist der rheinland-pfälzischen Polizei damit wirklich geholfen? Heinz-Werner Gabler, Vizelandesvorsitzender der Polizeigewerkschaft GdP, äußert sich im Interview mit der Rhein-Zeitung.

Mainz. Was ist der Kompromiss wert, der jetzt zwischen Gewerkschaften, Innenministerium, SPD und Grünen geschlossen wurde? Darüber sprach unser Mitarbeiter Dietmar Brück mit GdP-Landesvizechef Gabler.Wenig Personal, zu viele Aufgaben, frustrierte Beamte: Vor Wochen noch haben die Polizeigewerkschaften ein düsteres Bild gezeichnet. Ist nach dem Kompromiss nun alles wieder in Ordnung?Gabler: Es ist ein Kompromiss, von daher kann nicht alles in Ordnung sein. Ein Erfolg ist es, dass anerkannt wurde, dass die Polizei ein Personalproblem hat. Daher ist es positiv, dass mehr Kommissar-Anwärter eingestellt werden. Auch die avisierte Entlastung der Polizei durch die Einstellung von Tarifbeschäftigten ist ein Schritt in die richtige Richtung. Jedoch sind damit die Personalprobleme der Polizei nicht weg. Außerdem wurde ja nur das Thema Personalsituation behandelt. Probleme wie nicht genügend Beförderungsstellen, Aufgabenvielfalt, Gesundheitsvorsorge, Wechselschichtdienst bleiben auf der Agenda und müssen weiter diskutiert und gelöst werden.Musste auch die Polizeigewerkschaft einsehen, dass die Zwänge der Schuldenbremse den finanziellen Spielraum reduzieren? Gabler: Die Schuldenbremse steht in der Verfassung. Die sich daraus ergebenden Zwänge müssen wir wahrnehmen. Aber Schuldenabbau geschieht nicht nur durch weiniger Ausgaben sondern auch durch mehr Einnahmen des Staates. Daher müssen wir durch sinnvolle Steuererhöhungen die Einnahmen verbessern. Man darf die innere Sicherheit nicht kaputtsparen. Finanztransaktionssteuer, Vermögenssteuer und die Rücknahme von Steuerentlastungen von Privilegierten sind dringend notwendig.Es bleibt dabei, bis 2016 wird der Personalstock auf 9014 Beamte reduziert. Kann die GdP damit zufrieden sein?Gabler: Zufrieden könnten wir sein, wenn der Wechselschichtdienst in allen Dienststellen sichergestellt wäre, die großen und kleinen Einsätze ohne Überstunden und Zusatzdienste gefahren werden können und die für die Kriminalitätsbekämpfung notwendige Zeit vorhanden wäre. Da dies auch weiterhin nur sehr schwer darzustellen ist, können wir noch gar nicht zufrieden sein.Sie haben einmal ausgerechnet, dass 9014 Polizeistellen in Wirklichkeit nur 8300 Vollzeitstellen entsprechen. Sehen Sie denn Chancen, dass die Polizei auf gut 9000 Vollzeitstellen kommt? Gabler: Mit den Ergebnissen des Runden Tisches wird es bis 2017 nicht gelingen, auf 9000 Vollzeitstellen zu kommen. Die rheinland-pfälzische Polizei schiebt einen Berg von 1,7 Millionen Überstunden vor sich her. Der soll jetzt per Freizeitausgleichskonto abgebaut werden. Was bringt diese Regelung?Gabler:Die Festschreibung der Stunden in einem Freizeitausgleichskonto verhindert den Zwang, diese Stunden in einem Zeitraum von drei Jahren abbauen zu müssen, um der Verjährung zu entgehen. Dieser Abbau wäre auch mit der derzeitigen Personaldecke nicht leistbar. Zukünftige Überstunden sollen überwiegend zeitnah durch Freizeit abgebaut werden. Dies wird dazu führen, dass noch stärker als bisher darauf geachtet wird, dass Überstunden erst gar nicht entstehen.Glauben Sie, dass der jetzige Kompromiss an der Polizeibasis, also in den Dienststellen für Ruhe sorgt? Gabler: Ruhe könnte nur herrschen, wenn alle Probleme des Polizeidienstes einer Lösung zugeführt würden. Das Anerkennen der Personalprobleme durch die Politik wird sicherlich positiv aufgenommen. Ruhe wird es nicht geben. Es wird wahrgenommen werden, dass durch gute Zusammenarbeit Lösungen gefunden werden können. Doch die heute bereits bestehenden Personalprobleme müssen weiter aufgearbeitet und natürlich auch gelöst werden.

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