Tödliche Gefahr statt schlanker Figur - Gefälschte Pillen aus dem Internet bergen ein hohes Risiko

Trier · Sie versprechen den Käufern, dass sie schnell ein paar Kilo verlieren - oder auch Durchhaltevermögen im Bett: Dubiose Internetanbieter verkaufen allerhand Pillen und Pulver. Oft wirkungslos, zumeist aber hochgefährlich, nicht selten tödlich.

Trier. Der Name klingt im wahrsten Sinne des Wortes bombastisch. Fat Napalm Bomb heißen die Kapseln, die in einer bunten Verpackung mit asiatischen Schriftzeichen und der Zeichnung einer schlanken Frau auf einer Internetseite angeboten werden. 45 Euro soll die Packung kosten. Die "Kapseln zum Abmagern" seien mit "100 Prozent Pflanzenextrakt" und "neu, ungefährlich, effektiv und schnell wirkend", wirbt der Anbieter auf der Seite. Auf ihr finden sich noch weitere wohlklingende Produkte. Etwa chinesische Kaffeebohnen. Auch sie sollen beim Abnehmen helfen. Ja sogar heilend wirken, sie "senken Fettgehalt im Blut und den Blutdruck", heißt es in der Beschreibung.
Auf einer anderen Internetseite wird Kaffeepulver zum Abnehmen angeboten. Auch hier wird mit 100 Prozent reinen Kräuter-Extrakten als Inhaltsstoffen geworben.
Wer darauf vertraut, kann sich jedoch in Lebensgefahr begeben. Denn genau wie die Abnehm-Kapseln enthält der Kaffee das gesundheitsgefährdende Sibutramin. Was aber auf der Packung verschwiegen wird. Bereits im März hatte das Landesuntersuchungsamt (Lua) vor dem angeblich schlank machenden Kaffee und seinem gefährlichen Inhaltsstoff gewarnt. Sibutramin könne schwerwiegende Nebenwirkungen haben. Statt wie versprochen den Blutdruck zu senken, könne der Kaffee Blutdruck stark erhöhen und akute Herzerkrankungen hervorrufen, warnte die Behörde, die nicht nur regelmäßig Lebensmittel unter die Lupe nimmt, sondern eben auch Schlankmacher und angebliche Medikamente aus dem Ausland.
Schon geringe Mengen des Kaffeepulvers enthalten nach Lua-Angaben gesundheitsschädliche Mengen des Sibutramins.
Seit Jahren warnt das Amt vor gefährlichen Schlankmachern und gefährlichen, weil gefälschten, Arzneimitteln aus dem Internet. Trotzdem boomt das Geschäft mit den ausländischen, oft aus China stammenden Pillen und Pulvern. Illegale Arzneimittel spielten bei den Untersuchungen des Lua eine immer größere Rolle, sagt dessen Sprecher Achim Ginkel. Die öffentlichen Warnungen vor illegalen Schlankheitsmitteln hätten in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.
Zumeist sind es der Zoll oder die Polizei, die bei Kontrollen von Postsendungen oder Frachtlieferungen aus Nicht-EU-Ländern auf verdächtige Kapseln stoßen. Wie kürzlich bei einer Fracht, die auf dem Flughafen Hahn angekommen war. Neben gefälschter Kleidung hätten Zollbeamte darin auch 12 000 gefälschte Potenzpillen gefunden, sagt Thomas Molitor, Sprecher des Hauptzollamtes Koblenz.
"Bei illegalen Mitteln, die mittlerweile fast ausschließlich über das Internet gehandelt werden, stehen neben muskelaufbauenden Anabolika vor allem Potenz- und Schlankheitsmittel ganz oben auf der Liste", sagt Lua-Sprecher Ginkel. Doch selbst die Antibaby-Pille wird von dubiosen Internethändlern angeboten - und nicht selten ist die Pille aus dem Netz wirkungslos. Das trifft genauso auf gefälschte Mittel gegen Krebs, Bluthochdruck, Aids oder Rheuma zu.
300 Mal hat der Zoll im vergangenen Jahr verdächtige Kapseln aus Postsendungen herausgefischt, 40 waren es in der Region Trier. Der Inhalt der Sendungen wird dann im Landesuntersuchungsamt geprüft. Per Laboranalyse und anhand der Kennzeichnung wird kontrolliert, ob es sich möglicherweise um ein illegales Arzneimittel handelt. 2012 seien über 40 Arzneimittel beanstandet worden, die nach Rheinland-Pfalz eingeführt werden sollten oder illegal gehandelt wurden, weil die nötige Zulassung fehlte, erklärt Ginkel. Handelt es sich um gefälschte Pillen, dann werden sie vernichtet. Der Empfänger der Sendung wird vom Zoll informiert. Eine Strafe drohe ihm in der Regel nicht, sagt Zoll-Sprecher Molitor. Es sei aber generell verboten, Arzneimittel, egal ob gefälschte oder echte, über ausländische Internetanbieter zu bestellen und sich per Post zuschicken zu lassen. Europaweit werden jährlich über zwei Millionen Arzneimittelpackungen mit über 30 Millionen gefälschten Tabletten beschlagnahmt. Allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres haben deutsche Zöllner 1,4 Millionen falsche Pillen abgefangen - eine Zunahme um 15 Prozent.Extra

Generell dürfen Reisende Arzneimittel für den persönlichen Bedarf nach Deutschland einführen, teilt der rheinland-pfälzische Apothekerverband mit. Die Einfuhrmenge orientiere sich an einem Dreimonatsbedarf. In diesem Fall sei weder eine Einfuhrerlaubnis nach Deutschland noch eine Zulassung oder Registrierung der jeweiligen Arzneimittel für Deutschland erforderlich. Unerheblich sei auch, ob es sich um verschreibungspflichtige und apothekenpflichtige Präparate handelt oder nicht. Privatpersonen dürfen nach Angaben des Zolls grundsätzlich keine Arzneimittel per Post aus dem Ausland beziehen. Oft würden Präparate, die im Ausland frei gehandelt werden wie etwa Nahrungsergänzungsmittel oder Vitaminpräparate, in Deutschland als Arzneimittel gelten. wie

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