Zitter-Sieg mit acht Stimmen Vorsprung

Washington/Des Moines · Spannender hätte die erste Vorwahl der Republikaner in den USA nicht laufen können: Favorit Romney und Außenseiter Santorum liegen fast gleichauf. Doch die Wählerherzen haben beide nicht erobert. Wer Obama bei der Präsidentenwahl herausfordern wird, ist noch völlig offen.

Washington/Des Moines. Hauptsache gewonnen. Es ist fast 100 Minuten nach Mitternacht, als die Parteiführung der US-Republikaner am frühen Mittwoch im Kongresszentrum von Des Moines (Bundesstaat Iowa) das knappste Ergebnis verkündet, das es hier jemals in der Vorwahl-Geschichte gegeben hat. Mit gerade einmal acht Stimmen Vorsprung hat Mitt Romney, der Millionär und Mormone, Iowa erobert - und damit nach Ansicht führender US-Medien auch den Grundstein für einen Durchmarsch zur Nominierung als Gegenkandidat von Präsident Barack Obama gelegt.
30 015 Stimmen für den früheren Gouverneur von Massachussetts, 30 007 für Rick Santorum - jenen neuen Favoriten des Rechtsaußen-Flügels der Partei, der vor wenigen Wochen noch abgeschrieben wurde und nun dank einer Haustür-zu Haustür-Strategie doch noch in diesem typischen Agrarstaat die Ernte einfuhr.
Die Wähler seien nicht wirklich überzeugt von Romney, aber er sei immer noch gut genug, weil er Obama schlagen könne. Mit dieser Bewertung bringt das Wall Street Journal das auf den Punkt, was sich in Iowa - dem traditionellen Startplatz für die "Primaries" - in der Nacht auf Mittwoch abgespielt hat. In diesem Bundesstaat mit stark christlicher Prägung ist der Sieg von Romney, dem seine Mitbewerber gerne allzu moderate Positionen in kritischen Fragen wie der Abtreibung oder Homo-Ehe vorhalten, am Ende schon eine kleine Überraschung.
Duell Romney - Santorum?


Zu Beginn der Wahlnacht hatte sich zunächst auch der Abgeordnete Ron Paul stark behauptet, doch der Texaner, der sich als Fundamental-Pazifist darstellt, auch die US-Notenbank schließen will und wegen dieser Extrem-Positionen so gut wie keine Nominierungschance besitzt, fiel dann doch noch auf Platz drei zurück. Aus dem Rennen scheint bereits Rick Perry, der Gouverneur von Texas, zu sein. Und die Abgeordnete Michele Bachmann, eine frühere Favoritin der "Tea Party", kündigte gestern an, ihre weitere Kampagne auf Eis zu legen - was einen faktischen Ausstieg bedeutet. Auch der frühere Umfragenfavorit Newt Gingrich, in Iowa nur Vierter, dürfte es schwer haben.
Damit deutet alles auf ein Duell zwischen Romney und Santorum bei den weiteren Stopps der Vorwahl-Karawane hin. Im liberalen Ostküsten-Staat New Hamsphire sollte Romney auch wegen seiner Heimatnähe kommende Woche klar gewinnen, im konservativeren Südstaat South Carolina am 21. Januar könnte wiederum Santorum die Nase vorn haben. Florida am 31. Januar könnte dann klar die Weichen für Romney stellen, der über eine exzellente Basisorganisation verfügt.
Welche Rolle es in diesem Wettkampf spielt, dass sich John McCain, der an Obama gescheiterte Präsidentschaftskandidat der Republikaner von 2008, gestern für Mitt Romney aussprach, wird sich noch zeigen müssen. Gelegentlich wurden in der US-Wahlgeschichte solche Hilfestellungen zum Bumerang. "Der Kampf ist eröffnet", sagte jedenfalls Rick Santorum optimistisch in der Wahlnacht, in der ihn seine Anhänger in der Stadt Johnston wie den eigentlichen Sieger feierten. Der Senator, der dem Iran eine Atombombe ohne Zögern durch einen Militärschlag verwehren will, hofft nun nach Angaben seiner Mitarbeiter durch zwei Faktoren weiter zu punkten: Er werde sich als echter wirklich konservativer Kandidat und als Fürsprecher der Arbeiterklasse präsentieren - und damit deutlich vom wohlhabenden Romney abheben.
Dennoch spricht kaum etwas dafür, dass den Republikanern nun ein langer Flügelkampf oder gar eine Schlammschlacht bevorsteht, die sich bis in den Frühsommer hinziehen könnte. Romney steht finanziell wesentlich besser als Santorum da, und er machte noch in der Nacht klar, dass er weiter vor allem Barack Obama und nicht seine parteiinternen Gegner ins Visier nehmen will. "Die Lücke zwischen seinen Versprechen vor vier Jahren und seinen Leistungen ist die größte Lücke, die ich jemals in meinem Leben gesehen habe," sagt Romney über den amtierenden Präsidenten - und erntet dafür ein Küsschen von seiner Frau und heftigen Applaus von den vier Söhnen, die fernsehgerecht hinter ihm auf der Bühne aufgereiht sind. Keine Frage: Hier spricht bereits ein Bewerber, der sich selbst längst als Sieger sieht.

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