Fünf vor Zwölf: Sorgen um die Innenstadt

Hermeskeil · Der alte Vorsitzende des Hochwald-Gewerbeverbands (HGV) ist auch der neue. Die Mitglieder haben Günter Weber am Donnerstagabend wiedergewählt. Im Mittelpunkt der Sitzung stand jedoch ein Problem, das immer heftiger unter den Nägeln brennt: die vielen leerstehenden Geschäfte in der Innenstadt.

 Fünf vor zwölf: Aus Sicht der Hermeskeiler Händler steckt die Fußgängerzone wegen der vielen leer stehenden Geschäfte in einer schweren Krise. TV-Foto: Axel Munsteiner

Fünf vor zwölf: Aus Sicht der Hermeskeiler Händler steckt die Fußgängerzone wegen der vielen leer stehenden Geschäfte in einer schweren Krise. TV-Foto: Axel Munsteiner

Hermeskeil. Es war ein Abend der offenen und klaren Worte: Beim Blick auf die derzeitige Situation in der Hermeskeiler Innenstadt nahmen die einheimischen Geschäftsleute - es waren allerdings nur 17 Vertreter der insgesamt rund 100 HGV-Mitgliedsbetriebe gekommen - kein Blatt vor den Mund. Rechtsanwalt Christian Kruchten brachte es so auf den Punkt: "Hermeskeil war in den 1970er und 1980er Jahren eine Boomstadt. Heute können wir nicht wegdiskutieren, dass viele Nachbarn von uns behaupten, dass wir eine Geisterstadt sind." Die Gründe für diese negative Entwicklung seien vielfältig. Aber, so Kruchten: "Der Wegzug des Hela-Markts aus der Innenstadt war der Dolchstoß." Das war 2002.
Situation verbessert sich nicht


Seitdem wurde viel über die Frage diskutiert, wie im Herzen Hermeskeils die Wiederbelebung gelingen soll. Doch verbessert hat sich die Situation nicht. Bereits vor einigen Wochen hatte der TV darüber berichtet, dass gerade in der Fußgängerzone zurzeit auffallend viele Geschäfte leer stehen. "Die Lage lässt sich nicht schönreden", betonte Angelika Kohlhaas, die ihre Parfümerie Ende November schließen wird, "weil die Kundenfrequenz und der Umsatz immer weniger geworden sind."
Apotheker Michael Knüttel stellte fest: "Das Interesse von Investoren, sich in Hermeskeil anzusiedeln, ist eher gering. Deshalb stecken wir in einem Teufelskreis." Knüttel verwies dabei beispielhaft auf die bisher erfolglosen Bemühungen der Familie Zimmer, einen Nachmieter für den Schlecker-Markt zu finden (der TV berichtete).
Immobilienbesitzer in der Pflicht



Michael Bischoff ist diesbezüglich ein Ausnahmefall. Er hat im September als neuer Besitzer das Modehaus Astor, das größte Geschäft in der Fußgängerzone, übernommen. Bischoff betonte: "Hermeskeil ist ein Standort mit Potenzial. Sonst wäre ich nicht da. Die Stadt hat ein großes Einzugsgebiet und Parkplätze ohne Ende." Doch auch er bezeichnet die vielen leerstehenden Geschäften in der Nachbarschaft als "Problem, das unter den Nägeln brennt", und sieht dabei die Immobilienbesitzer in der Pflicht. "In vielen dieser Läden ist der Investitionsbedarf klar erkennbar. Das macht aber nicht der Mieter. Da beißt sich die Katze in den Schwanz."
Dass die Lösung des Leerstandsproblems sehr schwierig ist, darüber waren sich alle HGV-Mitglieder einig. Für den alten und neuen Vorsitzenden Günter Weber, Prokurist bei der Volksbank, steht jedoch fest: "Unser Verband ist dazu da, eine Schnittstelle zwischen Gewerbe und Politik zu schaffen und den Dialog mit der Stadt weiter zu intensivieren." Dem HGV-Chef, der in den vergangenen zwei Jahren maßgeblichen Anteil an der Beilegung des Streits zwischen HGV und Stadt hatte, schwebt dabei als einer der nächsten Schritte ein "Unternehmerfrühstück" mit den politisch Verantwortlichen vor. In dieses Treffen müsse der HGV aber eigene Ideen einbringen, wie sich die Situation verbessern lässt. Um diese Vorschläge zu entwickeln, beschlossen die Anwesenden auf Anregung Kruchtens die Bildung eines Arbeitskreises Innenstadt. Weber hält es für sinnvoll, dass Investoren an zentraler Stelle im Rathaus eine Liste mit den aktuellen Leerständen und den dazugehörigen Gebäudebesitzern vorfinden.
Ein Hinweis war dem HGV-Chef aber besonders wichtig: "Wir sollten nicht nur ständig darüber reden, was bei uns schlecht ist, sondern uns auch auf unsere Stärken besinnen. Hermeskeil hat eine hervorragende Ärzteversorgung und ein großes Angebot an Schulen." Zudem, da waren sich die HGV-Mitglieder einig, gebe es in der Innenstadt auch positive Beispiele - etwa das kürzlich eröffnete griechische Restaurant in der Fußgängerzone oder den neuen Blumenladen in der Saarstraße.
Meinung

Schwerkranker Patient
Der Einkaufsstadt Hermeskeil geht es gar nicht gut. Während im nahen Otzenhausen gerade ein großes Fachhandelszentrum entsteht, machen in der Hochwaldstadt immer mehr Geschäfte in zentraler Lage dicht. Je weniger Läden es gibt, umso unattraktiver wird die Stadt für Kunden. Und wenn in einer Stadt immer weniger Leute einkaufen gehen, gibt es für potenzielle Investoren kaum noch einen Anreiz, ausgerechnet dort ein neues Geschäft zu eröffnen. Zugegeben: Das Hermeskeiler Problem kennen auch andere. Man muss sich im Umkreis nur mal im etwa gleich großen Birkenfeld oder im deutlich größeren Idar-Oberstein umschauen. Auch dort pulsiert das Leben nur noch in Gewerbegebieten auf der grünen Wiese, wie es ja auch in Hermeskeil mit dem Kaufland-Markt in Abtei der Fall ist. Natürlich ist der Blick zum Nachbarn nur ein schwacher Trost. Man muss aber feststellen, dass hier wie dort bei der Lösung der Misere guter Rat teuer ist. In Hermeskeil doktert man nun schon seit zehn Jahren am Patienten Innenstadt herum. Dessen Zustand ist aber eher noch kritischer geworden. Wirksame Rezepte fehlen. Der neue HGV-Arbeitskreis Innenstadt beziehungsweise der angedachte runde Tisch von Politik und Gewerbe mögen vielleicht Pflästerchen sein. Große Hoffnung auf Heilung machen aber beide Vorschläge nicht. a.munsteiner@volksfreund.deExtra

Bei der Neubesetzung des HGV-Vorstands gab es ausschließlich einstimmige Entscheidungen: Günter Weber bleibt Vorsitzender, auch Markus Weicherding behält sein Amt als Stellvertreter. Komplettiert wird der Vorstand durch Renate Kessler (Kasse), Barbara Mittmann (Schriftführerin) und Gabi Theis (Beisitzerin). Die Leiter der einzelnen Abteilungen sind: Markus Weicherding (Handwerk), Christian Kruchten (Dienstleistung), Bianca Diehl (Gastronomie), Peter Schembs (Industrie), Frank Siempelkamp (Gesundheit) und Bianca Matthey (Marketing). Ausgerechnet der Posten für die Einzelhandels-Abteilung blieb aber vorerst unbesetzt. Albert Kessler vom Modegeschäft Lucky Look bat sich eine Bedenkzeit aus, ob er zur Übernahme dieser Funktion bereit ist. ax

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort