Trier Lohnenswerte Ausstellung in der Tufa: Suche nach der verlorenen Zeit

Trier · In der Tufa befasst sich eine Ausstellung mit der Erinnerung an das Industriezeitalter und seine Zeugnisse. Warum sich der Besuch unbedingt lohnt.

Eine Stahlskulptur von Andreas Hamacher.

Eine Stahlskulptur von Andreas Hamacher.

Foto: Eva-Maria Reuther

Die Erinnerung ist bekanntlich eine schwer durchschaubare Dramaturgin. Aus der Geschichte von Erfahrenem und Erlebtem, aus Eindrücken und Episoden, die sich im Gedächtnis speichern, macht sie ihre ganz eigene Strichfassung einer entschwundenen Wirklichkeit. Auch wenn sie häufig trügt, ist die Erinnerung doch ein maßgeblicher Teil unseres Welt- und Selbstverständnisses, wie unserer kulturellen Prägung. Der Erinnerungskultur mit ihrer subjektiven Ausprägung gilt auch eine sehr gelungene und in sich schlüssige Ausstellung  in der Trierer Tufa. Zum Jahresbeginn begeben sich dort vier Künstler auf die Suche nach der verlorenen Zeit des Industriezeitalters und seiner Zeugnisse. „Industrie: Verblasste Welten. verblasste Helden“ heißt der Titel der Schau, die gleichermaßen dem Vergessen entgegenwirken will, wie sie Aufschluss über das Wesen des Erinnerns gibt. In  den eindrucksvollen Arbeiten der Tufa-Schau geht es nicht darum, die alten Industrielandschaften in ihrem ganzen sinnlichen und bildlichen Spektrum neuerlich zu vergegenwärtigen. Mittels Malerei, Fotografie und Bildhauerei reflektieren die vier Künstler auf ihre ganz subjektive Weise ihr Thema. In den Gemälden der Saarländerin Annette Marx verschmelzen nuancenreich und subtil Erinnerung und künstlerische Persönlichkeit. Seit jeher ist das Thema der Malerin die Auseinandersetzung mit der Farbe. Die in ihren Bildern auftauchenden Industrieanlagen, die Kessel, Treppen, Röhren sind kaum mehr als Kompositionsteile und Platzhalter für Farbe in den mal verträumten, mal emotional stark aufgeladenen Farbwelten der Künstlerin. In geheimnisvolle Unterwelten entführt der ebenfalls aus dem Saarland stammende Fotograf Martin Luxemburger den Betrachter. Eröffnet werden sie von Luxemburgers großartigem Schwarz-Weiß-Triptychon „Unter Tage Bergwerk Duhamel“.

Der Foto-Künstler legt die Innereien des Untertagebaus frei mit ihren Röhren wie Gedärme, den Schaltern und Anzeigetafeln, die von einem komplexen schwer durchschaubaren System erzählen. Dagegen befasst sich sein künstlerischer Kollege, der Luxemburger Maler Rol Steimes, mit dem Blick von außen auf die Industrielandschaft. Was er wahrnimmt, präsentiert er in ausgesprochen spannenden, zum Teil schwindelerregenden Perspektiven. Die interessanteste Position vertritt Andreas Hamacher, der für sein Schaffen bereits gebrauchten Stahl recycelt.  In seinen eindrucksvollen Arbeiten im großen Ausstellungssaal hat der Bildhauer den rauen Stahl aus seiner Alltagsnüchternheit befreit und poetisch überformt.

Die Stahlbänder seiner Skulpturen greifen in anmutigen, geradezu musikalisch geschwungenen Linien virtuos den Raum. Ein andermal bilden ihre Windungen, Biegungen und Faltungen neue vielfältige Landschaften. Die rostige Oberfläche berichtet von Altersprozessen und gelebtem Leben. Hamachers Stahlskulpturen sind überzeugende Bilder einer Erinnerung, die nur lebendig gehalten werden kann, wenn sie sinnvoll in die Gegenwart integriert ist. Eine unbedingt sehenswerte Ausstellung.

Bis 26.01. Di., Mi., Fr.:   14:00-17:00 Uhr. Do.: 17:00 - 20:00 Uhr, Sa.+So. & Feiertage: 11:00-17:00 Uhr, Kunstsalon Crossover 26.1., ab 15.30Uhr

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