Ein Mann, ein Konzert, mehrere Rollen

Trier · An Überraschungen mangelt es dem 7. Sinfoniekonzert im Trierer Stadttheater (Donnerstag, 5. Juni, 20 Uhr) gewiss nicht. Dirigent Guy Braunstein ist zugleich Solist in Beethovens Violinkonzert. Und bei César Francks Flötensonate A-Dur mischt auch Braunsteins Frau Gili Schwarzman mit.

 Geiger und Dirigent in einer Person: Guy Braunstein tritt beim 7. Sinfoniekonzert am Donnerstag im Theater Trier auf. Foto: Theater

Geiger und Dirigent in einer Person: Guy Braunstein tritt beim 7. Sinfoniekonzert am Donnerstag im Theater Trier auf. Foto: Theater

Trier. "Ich muss jetzt zum Babysitten", sagt Guy Braunstein und verabschiedet sich kurz und knapp. Der israelische Musiker, langjähriger Konzertmeister der Berliner Philharmoniker, ist eine durch und durch ungewöhnliche Figur - Geiger und Dirigent zugleich und alles andere als konventionell. TV-Mitarbeiter Martin Möller hat mit dem Musiker gesprochen.Herr Braunstein, der Konzertmeister bei den Berliner Philharmonikern kommt für manche direkt nach dem Papst. Was hat Sie veranlasst, diese Position aufzugeben?Guy Braunstein: Ich habe gemerkt: Die Rolle des Konzertmeisters entspricht mir nicht. Konzertmeister sein ist überdies nur eine Möglichkeit unter anderen, gute Musik zu machen. Das habe ich 13 Jahre lang gemacht bis 2013, und jetzt versuche ich, einen anderen Weg zu finden.Jetzt ziehen Sie durch die Lande, spielen Geige und dirigieren dazu. Ist dieser Doppeljob nicht ein bisschen viel für eine Person?Braunstein: Nein, das finde ich nicht. Geiger im Streichquartett, als Solist oder im Orchester - das sind unterschiedliche Rollen wie in der Oper, aber das Stück ist dasselbe. Und um das Stück geht es.Was hat denn der Dirigent Braunstein vom Geiger Braunstein gelernt - und was der Geiger vom Dirigenten?Braunstein: Der Solist Braunstein hat viel vom Kammermusiker Braunstein gelernt, und der Dirigent hat vom Instrumentallehrer Braunstein gelernt. Jeder kann vom anderen profitieren, aber es geht immer nur um die Musik.Noch einmal konkret: Was haben Sie als Dirigent aus der Kammermusik mitgenommen?Braunstein: Ein Sinfoniekonzert zu dirigieren ist genau so wie ein Streichquartett zu leiten - nur mit einer größeren Besetzung. Aber es muss so funktionieren wie beim Streichquartett. Die Dinge, die dazu kommen - andere Besetzung, andere Räume - müssen vom Dirigenten geregelt werden. Dann ist es genau so wie beim Streichquartett.Eine Frage zum Beethoven-Konzert. Da gibt es gelegentlich Kritik - Beethoven schreibe sozusagen gegen die Geige. Teilen Sie diese Kritik?Braunstein: Anders als Paganini oder Wieniawski war Beethoven kein Geiger. Viele sagen, manche Passagen passen besser zum Klavier. Aber ich glaube, gerade wenn man es gleichzeitig spielt und dirigiert, versteht man besser, warum Beethoven so für die Geige komponiert hat und nicht anders. möExtra

Guy Braunstein, geboren 1971, studierte in seiner Heimatstadt Tel Aviv bei Chaim Taub, damals Konzertmeister im Israel Philharmonic Orchestra, später in New York bei Glenn Dicterow und Pinchas Zuckerman. 2000 wurde er zum 1. Konzertmeister der Berliner Philharmoniker ernannt. Karrierehöhepunkte waren solistische Auftritte mit dem Israel Symphony Orchestra, dem Mozarteumorchester Salzburg, der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und der Philharmonie Sofia. Darüber hinaus beschäftigt sich Braunstein intensiv mit Kammermusik. Seit 2006 ist er Künstlerischer Leiter des Rolandseck-Festival, zu dem er regelmäßig internationale Stars wie Emmanuel Pahud oder Hélène Grimaud einlädt. Gili Schwarzman: Die israelische Flötistin studierte an der Musikakademie Jerusalem, der Universität Tel Aviv und bei András Adorján in München. Als Solistin und in Kammermusikensembles musizierte sie etwa mit Sol Gabetta. Derzeit spielt sie im International Mahler Orchestra und unter Daniel Barenboim im West-Eastern-Divan Orchester. mö

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