Ein Schritt zur Barrierefreiheit

Trier · Blinden-Kits machen das Stadtmuseum Simeonstift für Sehbehinderte erfahrbarer.

 Karl Kohlhaas ertastet das Steckmodell der Porta Nigra. Foto: StadtMuseum Simeonstift

Karl Kohlhaas ertastet das Steckmodell der Porta Nigra. Foto: StadtMuseum Simeonstift

Foto: (g_kultur

Trier Auch für Blinde sollen künftig die Ausstellungsstücke des Simeonstifts so gut wie möglich erfahrbar sein. "Dabei geht es uns nicht nur um Information, sondern auch um Orientierung im Museum selbst", sagt Dorothee Henschel.
Die Museumspädagogin zeigt auf einen weißen Rollwagen mit Auszügen. Was wie ein schlichtes Büromöbel im Trebeta Saal daherkommt, ist in Wirklichkeit ein Beitrag auf dem Weg zur Barrierefreiheit der Museen für behinderte Menschen. Das neue "Blinden-Kit" soll blinden und sehbehinderten Besuchern die Ausstellungsräume und -stücke des Museums erschließbarer machen. Kooperationspartner ist das Fach Intermediales Design der Hochschule Trier.
In dessen Seminar "Crossmedia" entwickelten die Studierenden unter Leitung ihres Professors Christopher Ledwig, Museums-Materialien für den Gebrauch von Blinden und Sehgeschädigten. Beteiligt waren zudem die Fachbereiche Technik und Mode, sowie das Fach Kunstgeschichte. Beraten wurde das Team von zwei Betroffenen, darunter Karl Kohlhaas vom Blinden-und Sehbehindertenverband Trier.
Der Inhalt des Kits im Trebeta Saal ist vielfältig. Ein weiteres Kit ist jeweils im gelben Saal und im Dormitorium stationiert. Auf der Deckplatte steht ein Modell des Raums, in dem dessen zentrale Exponate und Vitrinen als rote tastbare Modelle angeordnet sind. Sie sollen blinden Menschen helfen, sich besser im Raum zurecht zu finden. Wer noch einen Rest Sehvermögen hat, kann sich an der roten Farbe orientieren. Die Schubladen darunter enthalten Repliken ausgewählter Exponate, die für blinde Menschen gut zu ertasten sind, so wie ein Modell des Trierer Marktkreuzes oder ein Stockwerk höher im gelben Saal, eine Porzellantasse mit Untertasse. Informationen dazu gibt es in Profilschrift (eine Normalschrift mit erhabenen Buchstaben) und in Blindenschrift, die allerdings nur ein geringer Prozentsatz der Sehbehinderten beherrscht. Die Profilschrift richtet sich vor allem an später Erblindete, die bereits Schriftkenntnisse haben.
Im Kit finden sich zudem neben Tastreliefs auch Audiodateien, die unter anderem zusätzliche atmosphärische Eindrücke vermitteln, wie das Rauschen von Wasser beim Thema Mosel. Nicht alles wird erfahrbar sein, wie Kohlhaas bereits zu Beginn des Projekts bestätigte. Geplant ist dennoch ein möglichst umfassender Einblick in die Bereiche und Themenschwerpunkte des Museums.
"Schritt für Schritt nähern wir uns dem Ideal der Barrierefreiheit an. Das Angebot für blinde Besucherinnen und Besucher ist eine wichtige Etappe auf diesem Weg", sagt Museumschefin Elisabeth Dühr. Ein besonders interessantes Exponat ist das mehrteilige Steckmodell im Dormitorium, mit dessen Hilfe Besucher nach Puzzle Art die Baugeschichte der Porta Nigra vom römischen Stadttor bis zur mittelalterlichen Kirche nachvollziehen können - übrigens auch für Sehende eine zu empfehlende Übung.
Die neue Initiative, die auf einer Vereinbarung des Museumsverbandes Rheinland-Pfalz und den Organisationen und Selbsthilfegruppen behinderter und chronisch kranker Menschen in Rheinland-Pfalz zur Herstellung von Barrierefreiheit beruht, kommt gut an, berichtet die Museumspädagogin.
Was dem Haus ganz wichtig ist: Nicht allein bei Führungen sollen Blinde und Behinderte sich im Museum zurechtfinden. Das Blinden-Kit ist ausdrücklich auch für den individuellen Gebrauch eingerichtet.

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