Kunstwerk der Woche Frederick Reifsteck Große Liebe zur Urban Art

Man kann bei ihm durchaus vom Banksy-Effekt sprechen. Der inzwischen multimedial arbeitende englische Streetart-Künstler, dessen bürgerlichen Namen niemand kennt,  ist schließlich Frederick Reifstecks großes Vorbild.

Frederick Reifsteck: „Bon voyage“. 

Frederick Reifsteck: „Bon voyage“. 

Foto: Frederick Reifsteck

„Die Urban- und Streetart  hat mich als eigenständige Kunstwelt schon immer begeistert“, sagt der Künstler.

Ohne Frage ist Reifstecks künstlerische Position  unter den Mitgliedern der Trierer Gesellschaft für Bildende Kunst eher eine Ausnahme. Allein schon wegen seiner Technik. Der 25-Jährige, der im Schwarzwald und  in Gusenburg bei Hermeskeil aufwuchs, hat eine authentische, zeitgenössische Bildsprache für sich entwickelt. Wie Banksy arbeitet er mit Schablonen und Mischtechniken aus gesprühten und gemalten Bildelementen. Anders als der Engländer versteckt er sich allerdings nicht hinter einem Pseudonym. Und ein Kommunikationsguerillero (der Begriff ist so schön, dass er hier unbedingt  Verwendung finden muss) ist der gelernte Mediengestalter, der  während der Pandemie 2020 noch ein Kunststudium  begann, auch keinesfalls. Also niemand, der subversiv auf der Straße mit seinen Bildnachrichten unterwegs ist.

Reifstecks Bilder entstehen im Atelier.  Das World  Wide Web ist sein öffentlicher Raum, aus dem er Informationen und Bilder bezieht. Alles ganz legal. Die Websites, die er fotografiert, sind alle freigegeben. Was Reifsteck dort abfotografiert, wird bearbeitet. Dabei werden auf die Fotos Schablonen gelegt, die besprüht oder übermalt werden. Durch  die künstlerischen Eingriffe und die derart  augenscheinliche Verfremdung entstehen neue fantasievolle Bilder, die das ursprüngliche Motiv hervorheben, es ausdeuten und dem Betrachter näherbringen.

Mit der politischen Motivation  der Streetart hat Reifsteck, wie gesagt, nichts im Sinn. Ihm geht es allein um  die künstlerische Aneignung und psychologische Ausdeutung seiner Motive. Den größten Teil  seiner Arbeiten bilden bearbeitete Porträts. Bei der Motivwahl im Internet ist quasi der erste Eindruck entscheidend. „Wenn mich ein Bild  anspricht, wähle ich es ganz spontan aus“, berichtet  der Künstler. Bei der Wahl spielen Gestik, Bewegung und Kleidung eine Rolle.

Reifstecks ausdrucksvolle Arbeiten, die Freude an der Farbe wie am fantastischen Raum der Kunst verraten, machen das Wesen seiner Motive sichtbar. Zuweilen werden seine Porträts dabei  zu Sinnbildern von Stimmungen und innerer und äußerer Dynamik. So wie im  pfiffigen, unternehmungslustigen  Bild „Bon voyage“. Zuweilen wird es dann doch mal politisch.  Sein Bild „Injustice“  zeigt ein dunkelhäutiges, leidendes  Gesicht hinter Gitterstäben. Im Hintergrund ist auf einem Zeitungsabschnitt etwas von Afrika zu lesen.

Allerhand Prominenz  tummelt sich in der Porträt-Galerie des Künstlers, darunter Marilyn Monroe und Elvis Presley, allerdings nicht nur (einst) realexistierende. Auch Michelangelos berühmter „David“  ist darunter. „Mich hat dieser  prominente  Kopf und sein Ausdruck unglaublich fasziniert“, so  Reifsteck. Trotz  Begeisterung fürs Web als Arbeits-, Informations- und Kommunikationsraum: „Bei meinen  sozialen Kontakten ziehe ich persönliche vor.“ Das ist für den Künstler klar.

Eva-Maria Reuther

Kontakt: fr-arts.de

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