Ein Gedenkstein erinnert an die Osanner Juden

Andreas Filz aus Osann-Monzel hat einen Gedenkstein für die vertriebenen, deportierten und ermordeten Juden aus Osann anfertigen und aufstellen lassen. Filz hält bis heute Kontakt zu einer Familie, die in der Nazizeit in die USA ausgewandert ist.

 Andreas Filz hat den Gedenkstein für die Osanner Juden erstellen lassen. TV-Foto: Erich Gerten

Andreas Filz hat den Gedenkstein für die Osanner Juden erstellen lassen. TV-Foto: Erich Gerten

Osann-Monzel. Über die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Osann ist bereits viel geschrieben worden. Wenig bekannt ist, dass einige Juden auch nach dem Zweiten Weltkrieg den Kontakt nach Osann aufrechterhalten haben. Der 1959 geborene Andreas Filz berichtet: "Mein 1907 geborener Vater Nikolaus Filz war vor dem Zweiten Weltkrieg ein Nachbar der jüdischen Familie Kahn in der Trierer Straße."

Siegfried Kahn arbeitete als Textilverkäufer bei Ermann-Bach in Wittlich. Aber dann kam die unheilvolle Nazizeit. Siegfried und seine Schwester Herta konnten fliehen und fanden nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA ein neues Zuhause. In Los Angeles eröffnete er einen florierenden Textilhandel.

Auf dem Stein stehen keine Namen



Mehrmals jährlich kamen Briefe aus Amerika nach Osann zur Familie Filz und einmal jährlich ein Geschenkpaket. "Das war jedes Mal wie Weihnachten", erzählt Andreas Filz. "In den Paketen war vieles drin, was wir in Deutschland damals nicht kannten vom Kugelschreiber bis zum Modeschmuck."

Anfang der 70er Jahre kamen Siegfried Kahn und sein Sohn Bob nach Osann. "Seither haben wir uns immer wieder gegenseitig besucht", erzählt Andreas Filz. Den Kahns ging es wirtschaftlich gut. Anderen jüdischen Bewohnern Osanns war es wesentlich schlechter ergangen.

So wurden Siegfrieds Eltern und die jüngere Schwester Hella ermordet. Dies und der enge Kontakt mit der Familie Kahn haben Andreas Filz dazu veranlasst, einen Gedenkstein für die Osanner Juden zu gestalten.

"In Osann haben viele Juden gewohnt, aber außer dem jüdischen Friedhof erinnert nichts an diese Familien. Mit Stolpersteinen konnte ich mich nicht anfreunden, weil viele Menschen dagegen sind."

Daher hat Filz einen Gedenkstein aus Basaltlava mit sich nach oben verjüngendem ovalen Grundriss und einer Einkerbung erstellen lassen. Diese außergewöhnliche Form des Mahnmals soll an das gemeinsame Zusammenleben von Juden und Christen erinnern, und der Einschnitt an das jähe Entzweien durch die Nazis. Es werden keine Namen eingraviert, sondern der Schriftzug: "Zur Erinnerung an die vertriebenen, deportierten und ermordeten Juden aus Osann."

Uhrzeit für die Einweihung steht noch nicht fest



Filz hat den Stein in Absprache mit der Gemeinde Osann-Monzel gegenüber der Schule auf einem gemeindeeigenen Grundstück aufstellen lassen. Siegfried Kahn ist in den 1980ern gestorben, aber sein Sohn Bob wird am Sonntagmorgen, 31. Oktober, anlässlich einer Europareise nach Osann kommen und zusammen mit Andreas Filz den Stein "einweihen". Eine Uhrzeit wurde nicht festgelegt, weil Bob Kahn von Frankfurt auf der Durchreise nach Brüssel ist.

EXTRA So wird im Kreis an Juden gedacht Im Kreis Bernkastel-Wittlich wird unterschiedlich an die einstigen jüdischen Mitbürger erinnert. In Wittlich informiert eine Ausstellung in der restaurierten Synagoge über das jüdische Leben in der Kreisstadt. Veranstaltungen organisieren der Arbeitskreis "Jüdische Gemeinde Wittlich" und das Emil-Frank-Institut. Auch ein jüdischer Friedhof existiert dort. Über die in den Boden eingelassenen Stolpersteine des Kölner Künstlers Gunter Demnig mit Namen, Geburts- und Todestag ehemaliger Bürger wurde in der Kreisstadt bislang nur diskutiert. Solche Steine finden sich in Bernkastel-Kues und in Talling, geplant sind sie für Brauneberg, Mülheim und Veldenz. Die Stadt Traben-Trarbach hat nach Diskussionen über den genauen Standort eine Gedenktafel am Mittelmoselmuseum aufgehängt. (mai)

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