Untreue-Verdacht im Rathaus: Fünf Verfahren beschäftigen Justiz

Bernkastel-Kues · Der vermeintliche Griff in eine Kasse im Bernkastel-Kueser Rathaus wird zur Strafrechtssache: Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen Untreue gegen einen ehemaligen Verwaltungsmann erhoben. Ob das Verfahren eröffnet wird, entscheidet das Landgericht. Ein weiteres Verfahren rund um diesen Fall richtet sich gegen das Land, in einem anderen ist das Bundesverfassungsgericht involviert.

Bernkastel-Kues. Hat ein langjähriger Mitarbeiter der Verbandsgemeindeverwaltung Bernkastel-Kues in die Ordnungsamtskasse gegriffen und sich so selbst bereichert? Vor eineinhalb Jahren wurde der Mann deshalb entlassen. Juristisch ist die Frage aber noch keineswegs geklärt, sie ist lediglich auf dem Weg dorthin.

Klage eins: So sind die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in dieser Sache vorerst abgeschlossen. Ergebnis: Dem Landgericht liegt eine mehr als 100 Seiten starke Anklageschrift vor, in der 209 Einzelfälle von möglicher Untreue aufgelistet sind. Addiert hat die Staatsanwaltschaft die Geldbeträge aber nicht.
Die Verwaltung wirft ihrem einstigen Mitarbeiter vor, in zehn Jahren 184 000 Euro als Rückbuchungen getarnt aus der Barkasse des Ordnungsamts entwendet und Abrechnungen manipuliert zu haben. Doch alles, was älter ist als fünf Jahre, gilt im Strafrechtserfahren als verjährt. Die Summe der Fälle der Anklageschrift dürfte also kleiner ausfallen.
Nun wird das Landgericht die Akten prüfen, um zu entscheiden, ob es das Verfahren gegen den Verwaltungsmitarbeiter eröffnet. Laut Gerichtssprecherin Corinna Kraus kann das eine Weile dauern. Dafür führt sie zwei Gründe an: Zum einen würden Haftsachen vorgezogen, da es immer Fristen einzuhalten gebe, wenn jemand im Gefängnis sitze. Zum anderen seien die Untreue-Akten sehr umfangreich und füllten mehrere Kisten.

Klage zwei: Doch das strafrechtliche Verfahren ist nicht das Einzige, das rund um diesen Fall läuft. Es gibt vier weitere Verfahren. So soll am Donnerstag die Klage verhandelt werden, mit der sich der Verwaltungsmitarbeiter gegen seine Kündigung wehrt.
Michael Mies vom Anwaltsbüro Bastgen, das den Mitarbeiter vertritt, geht allerdings davon aus, dass dieser Termin aufgehoben wird. Der Grund: Die Kanzlei Bastgen hat das Bundesverfassungsgericht angerufen, nachdem unter anderem ihr Antrag auf Ablehnung der Richterin zurückgewiesen wurde. Mies sagt: "Das Verfassungsgericht muss nun über unsere Beschwerde entscheiden, bevor weiter über die Kündigungsklage verhandelt werden kann." Alexander Bergweiler, Anwalt der Gegenseite, ist da anderer Meinung. Er sagt: "Eine Verfassungsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung." Der Prozess vor dem Arbeitsgericht finde statt. Eine Gerichtssprecherin bestätigte dies gestern auf TV-Anfrage.

Klage drei: Mit Verfahren Nummer drei geht das Büro Bastgen gegen das Land Rheinland-Pfalz vor. Rechtsanwältin Margit Bastgen fordert darin Schadensersatz für ihren Mandanten. Sie sieht dessen Persönlichkeitsrechte verletzt. Der Vorwurf: Die Polizei habe bei ihren Ermittlungen mehr als 50 Bürger schriftlich gebeten, Auskunft über die Bezahlung ihrer Anwohnerparkplätze zu geben. Dabei seien der Ermittlungsgrund und der Name des Beschuldigten genannt worden.

Klage vier: In einem weiteren Verfahren, das ebenfalls noch nicht angelaufen ist, wehrt sich der geschasste Mitarbeiter dagegen, dass er der Verwaltung 184 000 Euro zurückzahlen soll. Es sei nicht substanziell belegt, wie die Summe zustande gekommen sein soll, sagt Mies. "Wir werden das Geld in einer eigenen Klage fordern und damit verliert die Klage der Gegenseite ihre Berechtigung", kontert Bergweiler.

Klage fünf: Verfahren Nummer fünf ist das Einzige, das bereits verhandelt wurde. Bastgen ist in diesem Fall mit einer Unterlassungsklage gescheitert. Sie wollte durchsetzen, dass die Verwaltung nicht mehr behaupten darf, dass ein Mitarbeiter Geld veruntreut habe. Das Gericht hat pro Verwaltung entschieden, das Urteil aber noch nicht schriftlich begründet.

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