Serie Hauptsache gesund! Ärzte-Chef: Globuli sollen keine Kassenleistung sein

Trier/Mainz/Berlin · Soll Homöopathie Kassenleistung sein? Nein, sagt der Landesärztekammerchef, der die Heilpraktiker verärgert.

 Wer glaubt an die Globuli? Schulmediziner sind skeptisch. Und doch gibt es auch Ärzte, die auf die kleinen Kügelchen schwören.

Wer glaubt an die Globuli? Schulmediziner sind skeptisch. Und doch gibt es auch Ärzte, die auf die kleinen Kügelchen schwören.

Foto: Getty Images / iStockphoto/ollo

Ob ihm als Landesärztekammer-Chef schon mal Globuli oder Bachblüten gegen Krankheiten geholfen haben? „Nein“, sagt Günther Matheis, „daran habe ich nie geglaubt“. Wenn es Bekannten davon besser gegangen sei, „dann kann es nur am Glauben gelegen haben“, meint er. Der reicht für den Trierer Mediziner aber nicht aus, dass manche Krankenkasse immer noch für homöopathische Arzneimittel zahlt.

Frankreich verbietet das ab 2021, in Deutschland sperrt sich Gesundheitsminister Jens Spahn dagegen – und manche Kasse. Die Techniker Krankenkasse aus Rheinland-Pfalz sagt: „Wir wissen aus Kundenbefragungen, dass Versicherte sich sogenannte komplementärmedizinische Angebote wünschen. Wir nehmen diese Kundenwünsche ernst.“ Die Kasse übernehme die Kosten für homöopathische Medikamente „bis zu einem Beitrag von 100 Euro pro Kalenderjahr und Versicherten, wenn sie von einem Arzt verordnet, apothekenpflichtig, aber nicht verschreibungspflichtig sind.“

Matheis sagt: „Nach meiner Meinung sollten Kassen dieses Geld nicht aus dem Fenster werfen.“ Doch wirkt die Homöopathie wirklich nicht? Das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium hält sich bei der Frage bedeckt. Eine Sprecherin teilt mit: „Die Entscheidungsfreiheit der gesetzlich Versicherten ist ein hohes Gut. Es steht den Versicherten frei, im Rahmen des Kassenwahlrechts eine Kasse zu wählen, die homöopathische Mittel über eine freiwillige Satzungsleistung erstattet.“

Michaela Geiger, Vorsitzende des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte, gehört zu den Schulmedizinerinnen, die an die Wirkung von Bachblüten, Globuli und Arnika-Salben glauben. „Es darf nicht um polemisches Schwarz-Weiß-Denken gehen, sondern um einen Mix aus vielen Therapieformen“, sagt Geiger. Ein neuer Report aus Australien zeige, dass Homöopathie bei Mittelohrentzündung, Atemwegsinfektionen und Nebenwirkungen von Krebstherapien helfe. Geiger fordert mehr Forschung – und warnt zugleich vor wachsenden Resistenzen des Körpers bei Antibiotika.

Für einen „klaren Rückschritt hält sie die Ankündigung der Bremer Ärztekammer, die Homöopathie-Weiterbildungen für Mediziner nun gestrichen hat. Günther Matheis befürwortet das für Rheinland-Pfalz nicht. Aus einem einfachen Grund, wie er sagt. „Ein Schulmediziner zieht bei Homöopathie rechtzeitig die Reißleine. Wenn die Patienten aber nicht in ärztlicher Versorgung bleiben, treiben wir sie Heilpraktikern in die Hände.“ Dort schlägt Matheis gleich vor, den Beruf abzuschaffen. „Das braucht keiner“, sagt er und warnt vor geringerer medizinischer Versorgung. „Ein Mediziner studiert sechs Jahre und macht dann noch sechs Jahre Facharztweiterbildung. Bei Heilpraktikern reicht im Vergleich ein ,Jodel-Diplom’, um Patienten zu betreuen“, ärgert sich Matheis – und stößt damit auf Widerstand.

 „Es ist schon frech, die Heilpraktikerausbildung und die gesetzliche Überprüfungsregelung als ein „Jodel-Diplom“ moniert Rolf Löltgen, Landeschef des Heilpraktiker-Fachverbandes. Er sagt: „Seit Beginn des Jahres haben sich bereits die Überprüfungsverfahren für Heilpraktikeranwärter noch einmal deutlich verschärft und bundesweit vereinheitlicht. Diese Überprüfungen werden von Amtsärzten der Gesundheitsämter nach strengen Maßstäben durchgeführt. Der Heilpraktiker ist ein sehr anspruchsvoller und verantwortungsbewusster Beruf, mit sehr hoher Anerkennung in der Bevölkerung.“

Da die Mehrheit der Patienten die Leistungen selber zahlen müsse, erwarteten sie auch hohe Qualität und Hilfe bei ihren Leiden. „Niemand würde doch regelmäßig eine Leistung in Anspruch nehmen, wäre er mit dem Ergebnis nicht zufrieden“, sagt Löltgen.

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