Mainzer Finanzminister will Sparer stärker zur Kasse bitten

Mainz · Mehr Gehalt, aber durch höhere Steuersätze trotzdem weniger in der Geldbörse: Dieses Phänomen nennt sich kalte Progression. In Berlin wird diskutiert, dagegen vorzugehen. Der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl warnt davor, auf Steuereinnahmen zu verzichten. Er schlägt vor, Zinserträge höher zu besteuern.

Mainz. Wer in Deutschland Kapital für sich arbeiten lässt und Erträge in Form von Zinsen oder Dividenden kassiert, muss diese pauschal mit 25 Prozent versteuern. Der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl (SPD) hält diese sogenannte Abgeltungssteuer für überholt. Er plädiert im Volksfreund-Interview dafür, sie abzuschaffen.
Die Steuer ist 2009 mit dem Ziel eingeführt worden, Kapitalflucht ins Ausland zu verhindern. Kühl verweist darauf, die Fluchtmöglichkeiten für Steuerhinterzieher würden immer kleiner. Immer mehr ausländische Banken, etwa aus Luxemburg oder Liechtenstein, meldeten die Zinseinkünfte deutscher Anleger dem hiesigen Fiskus. Eine Korrektur des Systems sei fällig.
Der Finanzminister fordert, Kapitalerträge wie das Arbeitseinkommen zu belasten. Dann müssten Besserverdienende Zinsen und Dividenden mit ihrem persönlichen Steuersatz von maximal 42 Prozent versteuern. Das sei eine Besteuerung nach Leistungsfähigkeit und gerechter.
Kühl, der in Berlin die Steuerpolitik der SPD-geführten Bundesländer koordiniert, bringt seinen Vorstoß in der Debatte um den Abbau der kalten Progression ein. Dabei geht es darum, Menschen mit kleinem und mittlerem Einkommen zu entlasten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht dafür keinen Spielraum. Führende Unionspolitiker wie Fraktionsvize Michael Fuchs aus Koblenz beklagen hingegen, die kalte Progression belaste vor allem Leistungsträger. Der Wirtschaftsflügel der CDU will das Thema auf die Agenda setzen. Auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sieht Möglichkeiten. Der FDP-Landesvorsitzende Volker Wissing kritisiert Kühls Vorschlag. "Der Abbau der kalten Progression ist nur der Verzicht auf automatische Steuererhöhungen. Wer dafür eine Gegenfinanzierung fordert, verhöhnt die Beschäftigten", sagt er dem TV.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort