Meinung Schulöffnung: Verlässliches Konzept statt Zick-Zack-Kurs

Schon kurz nach dem Lockdown hatten die ersten es vorhergesagt: Das normale Leben herunterzufahren, ist vergleichsweise einfach. Ungleich viel schwieriger ist es, den Weg zurück zu finden. Zumal das Virus ja noch da ist.

Meinung zu den Plänen für das Schuljahr 2020/21
Foto: TV/Schramm, Johannes

Ganz außergewöhnlich schwierig ist die Frage, wie es nach den Ferien an den Schulen weitergehen soll. Prallen hier doch sehr berechtigte Interessen aufeinander: Hier geht es um das Wohl von Kindern und Jugendlichen, die seit Monaten nicht mehr das leben können, was das Jung sein ausmacht. Ihnen wurde ein großer Teil ihrer Freiheit genommen.

Sie leiden unter Isolation, vermissen ihre Freunde und finden zu Hause womöglich nicht genug Unterstützung, weil ihre Eltern selbst zu viel um die Ohren haben. Im schlimmsten Fall erleben sie Vernachlässigung und Gewalt. Das Deutsche Kinderhilfswerk warnt vor gravierenden Folgen und fordert eine vollständige Schulöffnung. Es drohe eine „verlorene Generation“. Auch viele Eltern sehnen sich nach dem Tag, an dem sie sich nicht mehr zerreißen müssen zwischen Job und Kinderbetreuung.

Aber wie soll das gehen, ohne dass man die Gesundheit von Schülern, Lehrern, Eltern oder Großeltern aufs Spiel setzt?

Die schrittweise Schulöffnung in Rheinland-Pfalz zeigt auf jeden Fall, wie es nicht geht. Sie ist reine Symbolpolitik. Seht her, wir tun was!  Aber was bringt es, dass Schüler vor den Ferien fünf oder zehn Mal in ihren Klassenzimmern sitzen? Sie sehen ihre Freunde. Das war es aber auch schon. Ihrer Bildung ist so  nicht gedient. Den Eltern auch herzlich wenig. Solange die strengen Hygieneregeln gelten und 15 bis 20 Prozent der Lehrer zuhause bleiben, ist an normalen Unterricht nicht zu denken. Dafür gibt es weder genug Platz noch genug Personal.

Wenn wirklich alle wieder zu ihrem Unterricht zurückkehren sollten, müsste man schon auf die Abstandsregeln verzichten – so, wie dies in anderen Bundesländern nun geschieht. Aber mit welchem Risiko? Wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn betont, lässt die aktuelle Studienlage keine echten Schlüsse zu, inwieweit Kinder zur Verbreitung des Virus beitragen. Kurz: Das ist riskant!

Oder man müsste Geld in die Hand nehmen: Um mehr Lehrer einzustellen und mehr Räume anzumieten. So viele Milliarden werden zur Rettung von Unternehmen investiert. Da könnte man zum Wohl der jungen Generation, die keine so laute Lobby hat, ruhig ein paar drauflegen!

Auf jeden Fall braucht Rheinland-Pfalz ein verlässliches Konzept und keinen Zick-Zack-Kurs. Den Erst- und Fünftklässlern möglichst viel Unterricht vor Ort zu geben, ist schon mal eine gute Idee. Für sie ist schließlich alles neu. Ebenso sinnvoll ist es, Schüler mit „besonderem Förderbedarf“ in den Schulen zu unterrichten. Besteht doch sonst die Gefahr, dass sie ganz abgehängt werden. Richtig ist auch, dass die Schulen die Freiheit haben, kreative Lösungen zu finden. Dabei sollten sie jede nötige Unterstützung bekommen.

k.demos@volksfreund.de

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