Rot-Grün will Rennstrecke und Arbeitsplätze erhalten

Mainz · Fraktionschefs Hering und Köbler im TV-Interview: Kritik nach Ring-Insolvenz ist berechtigt, aber entscheidende Fehler wurden früher gemacht. Rot-Grün wolle dennoch seiner politischen Verantwortung gerecht werden und die Eifel-Rennstrecke in eine gesicherte Zukunft führen.

"Katzenjammer in Rheinland-Pfalz", moderiert Claus Kleber am Mittwochabend einen Beitrag zum Nürburgring im ZDF-Heute-Journal an. Dass es die Landespolitik in diese Nachrichtensendung "schafft" und darüber hinaus in alle überregionalen Blätter und Magazine, kommt nur sehr selten vor. TV-Redakteur Frank Giarra sprach darüber mit den beiden Fraktionschefs Hendrik Hering (SPD) und Daniel Köbler (Grüne).

Herr Hering, Herr Köbler, wie fühlt man sich als Politiker, wenn man aufgrund der Ring-Pleite vernichtende Kritik erntet?
Hendrik Hering: Nicht gut. Die Kritik der Menschen an den Dimensionen des Projektes ist berechtigt. Freizeitpark und Boulevard würden heute in dieser Größenordnung nicht mehr gebaut werden. Es ist nicht gelungen, deren Kosten zu refinanzieren. Das ärgert keinen mehr als uns selbst.
Daniel Köbler: Dass große Fehler gemacht wurden, hat man im Laufe der Zeit eingesehen. Wir haben immer davor gewarnt. Jetzt ist das mit der Insolvenz natürlich eine bittere Erkenntnis. Wer politisch verantwortlich handelt, muss Fehler der Vergangenheit korrigieren. Das ist nicht immer ein Vergnügen.

Einhellige öffentliche Meinung ist, dass Rot-Grün die EU-Kommission zum Sündenbock abstempelt, um von eigenen Versäumnissen abzulenken.
Köbler: Es ist unbestreitbar, dass entscheidende Fehler am Ring 2008 gemacht wurden. Das Projekt war eindeutig überdimensioniert und eine wirtschaftliche Fehlinvestition. Allerdings hat die neue Regierung das erkannt und den Weg einer konsequenten Neuordnung eingeschlagen. Da hätte ich mir mehr Kooperationsbereitschaft von der EU erwünscht, die ja auch anfänglich signalisiert wurde.
Hering: Sicherlich wollen wir nicht von eigenen Fehlern ablenken. Richtig ist aber, dass die Kommission in Brüssel uns die Hände gebunden und damit die Insolvenz unabwendbar gemacht hat.

Können Sie Rücktrittsforderungen an Ministerpräsident Kurt Beck nachvollziehen?
Hering: Nein. Kurt Beck ist ein guter Ministerpräsident. Er hat das Land in beeindruckender Weise vorangebracht und lässt die Menschen nicht im Stich. Ihn ausschließlich am Nürburgring zu messen, ist falsch.
Köbler: Die Fehlentscheidungen von 2008 haben die Landesregierung und Kurt Beck schon länger eingestanden. Zur Verantwortung eines Ministerpräsidenten gehört aber auch, den Weg des Neuanfangs zu begleiten, um trotz des Insolvenzverfahrens am Ende zu einem tragfähigen Konzept zu kommen.
Die Grünen werden scharf kritisiert, weil sie als Korrektiv innerhalb der Landesregierung versagt hätten und vom Wachhund in der Opposition zum Schoßhund in der Regierung geworden seien. Was sagen Sie dazu?
Köbler: Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben immer auf die Neuordnung gepocht und gehen diesen Weg seit geraumer Zeit. Für uns war immer klar, dass es keine neuen, dauerhaften Zuschüsse aus dem Landeshaushalt geben darf und dass das Land keine Maßnahmen an der EU vorbei ergreift. CDU und FDP haben bis heute nicht darlegen können, was sie denn getan hätten.

Sind Sie erleichtert, dass sich nach dem großen Knall ein Insolvenzverwalter um den Ring kümmert und weniger die Politik?
Hering: Nein. Es ist ein schwerer Schritt, aber die einzige Lösung aufgrund der gegebenen Rahmenbedingungen. Das Betreiben und Vorhalten eines Freizeitparks, von Hotels und Gastronomie, ist nicht Aufgabe des Staates.
Köbler: Wir haben immer darauf gedrungen, dass die Politik ferngehalten wird und das Land nicht den Betrieb am Ring selbst organisiert. Allerdings war der jetzt unausweichliche Weg der Insolvenz mit Blick auf die Arbeitnehmer und die Region nicht das bevorzugte Mittel der Wahl.

Wie geht es jetzt weiter, was plant Rot-Grün?
Köbler: Es wird ein Insolvenzverwalter bestellt. Wir hoffen auf eine Eigenverwaltung. Das Ziel muss sein, die Arbeitsplätze zu erhalten und den Ring in seinem Bestand als Motorsport-Mekka nicht zu gefährden. Außerdem muss möglichst viel Landesgeld zurückfließen.
Hering: Die enorme strukturpolitische Bedeutung der Rennstrecke für die Eifel muss trotz der Insolvenz gesichert werden mit dem Ziel, die Arbeitsplätze in der Region zu erhalten. Dieser Verantwortung stellen wir uns weiterhin.

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