Schoss Klöckner übers Ziel hinaus?

Mainz · Hat sich die rheinland-pfälzische Oppositionschefin Julia Klöckner bei ihrer Landtagsrede am Mittwoch einen verbalen Patzer geleistet? Oder war die Christdemokratin nur besonders spitzfindig?

Mainz. Ministerpräsident Kurt Beck will wegen der Nürburgring-Pleite partout nicht zurücktreten. Das ärgert Julia Klöckner, die dies schon seit Wochen fordert. Der CDU-Vorsitzenden blieb daher aus dramaturgischen Gründen nichts anderes übrig, als in der Landtagsdebatte noch eine Schippe draufzulegen. "Unsere Verfassung lässt in Artikel 99 die Entziehung des Vertrauens durch den Landtag zu", leitete Klöckner ihre verbale Schlussoffensive ein. "Einen solchen Antrag werden wir gegen Sie, Herr Ministerpräsident, in der nächsten Landtagssitzung einbringen. Das ist in der Geschichte dieses Landes noch nie vorgekommen. Aber Sie lassen uns keine andere Wahl."
Rums, das saß. Regierungschef Kurt Beck war danach sichtlich mitgenommen. Das angekündigte Misstrauensvotum - eine Premiere, nach der sich kein Politiker sehnt. Aber hat die forsche Oppositionschefin auch recht mit ihrer Behauptung?
Die Antwort ist ein klares: Jein!
Nach einer Auflistung des Landtags gab es in der Vergangenheit bereits zwei Misstrauensanträge gegen Ministerpräsidenten: 1949 und 1952 jeweils gegen Peter Altmeier von der CDU. Beide gingen übrigens in die Hose, was aufgrund der jetzigen Mehrheitsverhältnisse auch dem angekündigten Antrag von Frau Klöckner droht. Deren Sprecher Olaf Quandt versuchte gestern auf TV-Anfrage, Licht ins Misstrauensdunkel zu bringen: "Gemeint war und ist: Seitdem in der Verfassung ausdrücklich festgelegt ist, dass ein Misstrauensvotum gegen den Ministerpräsidenten als Einzelperson und nicht nur als Mitglied der Landesregierung möglich ist, ist dies das erste Misstrauensvotum gegen einen Ministerpräsidenten." Klingt kompliziert. Aber stimmt das auch, Landtagssprecher Dieter Lang? "1991 wurde die Verfassung geändert", erläutert Lang. Und das Übrige sei eine ziemlich komplizierte rechtliche Frage. So kompliziert, dass sich nun erst einmal die Juristen damit befassen müssen. Vielleicht gibt es ja danach eine Antwort auf die Frage, ob es eine Premiere ist oder nur eine Wiederholung.

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