Wenn das Dressing zum Tee wird

Trier · Vom außergewöhnlichen Bemalen eines Klaviers bis hin zum ganz normalen Fahrschulbesuch: Der Alltag eines deutschen Schülers hat auf dem Programm von 15 Schülern aus dem chinesischen Xiamen gestanden, die ihre Partnerstadt Trier besuchten und zehn Tage lang in deutschen Familien lebten.

Trier. Elefanten bemalen war gestern. Heute heißt es: Klavier bemalen. Zumindest für Kunstlehrer Stefan Philipps und seine Schützlinge. Seine Schützlinge, das sind für einige Tage 15 deutsche und 15 chinesische Schüler. Wahrzeichen Triers wie die Porta Nigra, berühmte Persönlichkeiten Chinas wie Staatsmann Mao Tse Tung und Slogans, die für die Freundschaft stehen, schmücken das nun bunte Klavier. Alles haben die Jugendlichen selbst gemalt. Als Geschenk zum 40. Geburtstag an das Friedrich-Spee-Gymnasium in Trier-Ehrang soll das fertige Klavier nicht nur als Erinnerung an den ersten Schüleraustausch mit Xiamen dienen; die gemeinsame Arbeit an dem Kunstwerk sei ein wichtiger Teil der Bindung unter den Jugendlichen, erklärt Philipps. "Durch solche Aktionen entstehen wichtige Kontakte."
Bei dem von der Stadt Trier und dem Jugendzentrum Mergener Hof organisierten Austausch sind die chinesischen Schüler in Trierer Familien untergebracht und erleben neben dem offiziellen Programm, was es bedeutet, Schüler in Trier zu sein. Die 15-jährige Vera Kirstein hat zum Beispiel ihr chinesisches Pendant Wu Jiaqi diese Woche mit zur Fahrschule genommen. "Wir verstehen uns sehr gut", erzählt Vera, besonders, da das Englisch der chinesischen Schülerin unerwartet gut ist. Auch der Rest der Familie hat sich an das neueste Mitglied gewöhnt. "Meine Schwester fragt mich zwar manchmal noch um Hilfe, wenn sie mit Jiaqi redet, aber mit Händen und Füßen klappt das auch so schon."
Die von den Schülern und Eltern erwarteten gewaltigen kulturellen Missverständnisse bleiben größtenteils aus. "Die chinesischen Schüler sind sehr offen, daher gibt es eigentlich keine Probleme", sagt Anja Schmidt. Die Sinologiestudentin steht im Auftrag des Mergener Hofs den Schülern und Familien als Beraterin zur Seite. "Das Schlimmste, was bisher passiert ist, ist, dass das Salatdressing in der Mensa des Auguste-Viktoria-Gymnasiums von einigen chinesischen Schülern für Tee gehalten wurde", erzählt Schmidt. Über solche Vorfälle lachen die Schüler gemeinsam.
Auch die 16-jährige Ye Xiuwen, die seit vier Jahren Deutsch lernt und froh ist, endlich das Land besuchen zu können. "Das ist meine erste Auslandsreise überhaupt", sagt die Schülerin strahlend. Ende Oktober geht es für sie gleich noch einmal nach Deutschland: In Hannover nimmt sie an einem Schnupperstudium teil, um vielleicht in Deutschland Biologie oder Soziologie zu studieren.

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