Vom "Teddybären" zum Lokomotiv-Führer

Trier/Moskau · Seine Profi-Karriere hat er in Trier begonnen: Torhüter Dario Kresic kam als 18-Jähriger zur Eintracht und blieb dort vier Jahre. Inzwischen ist er 28, Nummer eins beim russischen Spitzenclub Lokomotive Moskau - und nur eines fehlt ihm noch zum Glück …

 Katze beißt Löwen: Ein Archivbild vom Trierer Pokalsieg bei 1860 München im Jahr 2004. Torhüter Dario Kresic (rechts) wurde im Elfmeterschießen mit zwei gehaltenen Elfmetern zum Pokalhelden. In dieser Szene beschwichtigen Alexander Adrian und Igor Budisa den Gegner. Foto: TV-Archiv/Thomas Exler

Katze beißt Löwen: Ein Archivbild vom Trierer Pokalsieg bei 1860 München im Jahr 2004. Torhüter Dario Kresic (rechts) wurde im Elfmeterschießen mit zwei gehaltenen Elfmetern zum Pokalhelden. In dieser Szene beschwichtigen Alexander Adrian und Igor Budisa den Gegner. Foto: TV-Archiv/Thomas Exler

Trier/Moskau. Montagabend in Serbien, am Flughafen Belgrad: Zwei Fußballprofis treffen sich zufällig im Terminal - und müssen wohl beide an Eintracht Trier denken. An ihre erste Profistation in Deutschland. An gemeinsame Jahre an der Mosel. Vielleicht an den blöden Zweitliga-Abstieg 2005.

Der Teddybär: Mit seinen 18 Jahren ist Dario ein Riesentalent. Er kann zum Spitzentorwart reifen." (So charakterisierte Eintracht-Kapitän Michael Prus Anfang 2003 im TV seinen Torwart. Er behielt Recht.

Der eine davon ist Milorad Pekovic. Er blieb in Deutschland, blieb in der zweiten Liga. Die verließ er nur noch nach oben. Zuerst mit Mainz 05, dann in diesem Jahr mit Greuther Fürth. Dort hat "Peko" - inzwischen 35 Jahre alt - am vergangenen Wochenende noch im Spiel gegen Gladbach eine umstrittene Gelb-Rote Karte kassiert. Für ihn geht es von Belgrad aus weiter zum heutigen WM-Qualifikationsspiel. Montenegro gegen San Marino. Ein kurzes Hallo, ein kurzes Gespräch mit dem alten Teamkollegen. Die Wege kreuzen sich nur noch selten, in Deutschland praktisch nie.
Der alte Kollege, das ist Dario Kresic. Er muss in die andere Richtung - von seiner kroatischen Heimat in seine neue fußballerische, nach Moskau. "Ich war zwei Tage zu Hause, um mal den Kopf freizubekommen", sagt Kresic am Telefon, nachdem das russische Handynetz beim vierten Versuch ein Einsehen hat. "Ich hatte wegen einer Leistenzerrung ein Spiel pausieren müssen, nichts Wildes. Beim nächsten Spiel werde ich wieder dabei sein." Dann spielt er mit Lokomotive Moskau in Samara. Für den Traditionsverein wird es nach dem Abrutschen ins Mittelfeld wieder Zeit für einen Sieg.
Kresic ist erst seit wenigen Monaten in Russland. Er hat sich aber gleich den Stammplatz im "Loko"-Tor gesichert. Sein Trainer, der langjährige kroatische Nationaltrainer Slaven Bilic, setzt auf ihn. "Mir war beim Wechsel wichtig, dass ich eine faire Chance bekomme."
Die russische Liga - das sei schon eine Umstellung. Sechs Jahre lang hatte Kresic zuvor in Griechenland gespielt. Mit Panionios Athen und PAOK Saloniki schaffte er es in die Europa-League. "Die russische Liga ist schneller, athletischer und etwas stärker", sagt er. Und die Konkurrenz sei groß: Mit Spartak, ZSKA und Dynamo gibt es in Moskau starke Rivalen. Über reichlich Budget verfügen auch Clubs wie Zenit St. Petersburg oder der von Guus Hiddink trainierte Milliardärsklub Anschi Machatschkala. Dass der Kroate zu einem europäischen Spitzenspieler wurde, kommt für viele Experten nicht überraschend. Paul Linz hatte den damals 18-Jährigen im Jahr 2002 aus der Jugend des VfB Stuttgart nach Trier gelotst, anfangs noch zu den A-Junioren. Am letzten Spieltag der Saison 2002/03 machte Kresic sein erstes Zweitliga-Spiel. In der Saison 2004/05 war er die Nummer eins, bis ihn kurz nach der Winterpause eine Knie-Verletzung ausbremste.
"Trier wird mir immer in Erinnerung bleiben. Da habe ich die ersten Schritte in einer Profi-Mannschaft gemacht. Der Abstieg war wirklich bitter", erinnert sich Kresic. "Ich verfolge heute noch ab und zu, was die Eintracht macht." Guten Kontakt habe er noch zu Antun Labak und Zoran Mamic. Kresic hatte damals schon starke Konkurrenten - vor allem mit Daniel Ischdonat und Axel Keller.
In Deutschland hat Kresic seit seinem Trier-Abschied 2006 kein Ligaspiel mehr bestritten. Es habe zwar im Sommer eine Anfrage von einem Bundesligisten gegeben. Er entschied sich aber für Russland. Ein großes sportliches Ziel hat er für die nächsten Jahre: "Ich will irgendwann die Nummer eins in der kroatischen Nationalmannschaft werden." Dann könnte er vielleicht seinen Ex-Kollegen Pekovic wieder "Hallo" sagen, wenn es der Zufall hergibt. Auf dem Rasen, nicht nur im Terminal.Extra

Dario Kresic: Der 1,95-Meter-Hüne wurde am 11. Januar 1984 in Vukovar geboren. Mit 16 Jahren kam er nach Deutschland - zum VfB Stuttgart (dort trainierte er u.a. mit Kevin Kurayni, der inzwischen wie Kresic in Moskau sein Geld verdient - bei Dynamo). Von 2002 bis 2006 spielte der Torwart für Eintracht Trier. Von 2006 bis 2012 spielte er in Griechenland, und seit dem Sommer bei Lokomotive Moskau. Sein vielleicht bestes Spiel für Trier machte Kresic im November 2004 im DFB-Pokal-Achtelfinale beim damaligen Double-Sieger Werder Bremen - der damals 20-Jährige rettete die Eintracht mit Weltklasse-Paraden in die Verlängerung. Am Ende konnte er die 1:3-Niederlage gegen Klose, Micoud, Valdez & Co nicht verhindern. AF

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