Immer mittendrin im Getümmel

Mönchengladbach · Neu-Trainer Lucien Favre hat beim Tabellenletzten der Fußball-Bundesliga für Veränderungen gesorgt. Der Schweizer soll nicht als "Feuerwehrmann" im Abstiegskampf agieren, sondern Borussia Mönchengladbach neue Struktur und Form geben. Notfalls auch in der zweiten Liga.

Der neue Lehrmeister überlässt nichts dem Zufall. Jeder Fehler wird sofort angesprochen, um es beim nächsten Mal besser zu machen. Für die Profis des Bundesligaschlusslichts Borussia Mönchengladbach ist das eine völlig neue Situation.

Lucien Favre steht für akribische Arbeit auf dem Trainingsplatz, viele Einzelgespräche und ein hohes Maß an taktischer Schulung. Vorgänger Michael Frontzeck beobachtete die von seinen Co-Trainern geleiteten Übungseinheiten meist vom Spielfeldrand. Der Schweizer hingegen stürzt sich direkt ins Getümmel, ist nah beim Team und greift jederzeit ein.

"Gerade wenn du im Winter anfängst, hast du wenig Zeit. Du musst sehr präzise arbeiten und die Fehler sofort korrigieren", sagte der neue Chefcoach. In fünf Wochen hat der frühere Trainer von Hertha BSC Berlin nicht nur auf dem Trainingsplatz für frischen Wind gesorgt. Ein paar Personalveränderungen mit einem flexibleren Spielsystem - schon kamen die ersten Erfolge und nach 13 vergeblichen Anläufen auch der erste Heimsieg.

Kapitän Filip Daems ist mit der Neuordnung sehr zufrieden. "Wir stehen einfach kompakter und sicherer", sagte der Linksverteidiger.

Der Club hat dem neuen Coach großes Vertrauen entgegengebracht und ihn mit einem Vertrag bis 2013 ausgestattet. Absoluter "Wunschkandidat" sei der Schweizer gewesen, meinte Max Eberl.

Völlig verblüfft war der Gladbacher Sportdirektor, dass Favre schon in den ersten Gesprächen, bevor er überhaupt mit der Mannschaft gearbeitet hat, alle Spieler kannte und bewerten konnte. Auch Vize-Präsident Rainer Bonhof ist von dem neuen Mann überzeugt. "Er hat die Qualität, die Mannschaft so einzustellen, dass wir die Liga halten können, und die Fähigkeit, junge Leute an die erste Mannschaft heranzuführen."

Für Favre selbst ist es ein "Traum", wieder in der Bundesliga zu arbeiten. Seit seiner Entlassung bei Hertha im September 2009 hatte der 53 Jahre alte Schweizer keinen Job. "Ich habe zuvor 13 Jahre am Stück als Trainer gearbeitet. Die Pause hat mir gut getan."

Abstiegskampf ist für Favre kein Problem, aber auch kein Grund, das "gepflegte Spiel" zu vernachlässigen. Sicher seien Kampf, Laufbereitschaft und Disziplin wichtig. "Aber Fouls können sehr teuer werden. Es gibt Gelbe und Rote Karten und Freistöße gegen die Mannschaft. Ich will kein Spiel mit 50 Fouls", sagte Gladbachs Trainer im Fachmagazin "kicker".

Favre ist davon überzeugt, dass man im Existenzkampf auch mit spielerischen Mitteln bestehen kann. "Wir wollen nicht destruktiv spielen, das bringt nicht viel." dpa

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