Der Herr über die Stimmzettel ist Überzeugungstäter

Er ist der Herr über die Stimmzettel: Landeswahlleiter Jörg Berres bereitet die Landtagswahl vor und koordiniert den Ablauf. Wenn alles reibungslos klappt, macht er vermutlich drei Kreuze.

Urlaub hat Landeswahlleiter Jörg Berres in diesem Jahr erst mal noch nicht geplant. Es gibt zu viel zu tun. Derzeit halten ihn die Vorbereitungen auf die Landtagswahl auf Trab. "Der Tag ist lang — zwölf Stunden in der Regel. Und er wird nicht kürzer", beschreibt er das aktuelle Arbeitspensum. Viel ruhiger wird es aber auch nach der Wahl am 27. März nicht. Denn Berres ist auch Präsident des Statistischen Landesamtes und in dieser Funktion für die Volkszählung Zensus mit Stichtag am 9. Mai zuständig — die erste in Deutschland seit 1987. Das alles bringt den 52-Jährigen aber nicht sonderlich aus der Ruhe, seit 2003 ist er bereits in Bad Ems im Amt. Der gebürtige Wittlicher Berres hat schon einige Wahlen in Rheinland-Pfalz geleitet.

In seinem Amt laufen die Ergebnisse am Wahlabend aus den rund 4900 Stimmbezirken zusammen, bis voraussichtlich zwischen 22 und 23 Uhr ein vorläufiges amtliches Endergebnis feststeht. Für Berres ist dann noch lange nicht Schluss, die 60 Seiten lange Wahlnachtanalyse muss danach geschrieben werden. "Bis morgens um 5 oder 6 Uhr geht es dann schon", sagt er. 15 Mitarbeiter hat er nach Mitternacht noch an seiner Seite. Insgesamt 80 Menschen sind bei der Wahl im Landesamt eingesetzt. Landesweit sind 45 000 Wahlhelfer im Einsatz. Der Landeswahlleiter ist zuständig für die Vorbereitung und Durchführung der großen Wahlen in Rheinland-Pfalz. Er informiert die Bevölkerung, die Gemeinden und die Kandidaten über alle relevanten wahlrechtlichen Fragen.

Berres ist dabei "Überzeugungstäter". Er ist nach eigenen Angaben "immer" zur Wahl gegangen. "Das ist Bürgerpflicht", stellt er klar. Sorgen bereitet Berres allerdings die Wahlbeteiligung. Seit 1991 ist sie von 73,9 Prozent bis auf 58,2 Prozent 2006 gesunken. Er wünsche sich, dass dieser Trend schon bei dieser Landtagswahl gebrochen wird, sagt Berres. Um verstärkt auch die Erstwähler zu mobilisieren, hat er Hunderttausende Wahlflyer in Schulen verteilen lassen. Auch den Wahl-O-Mat, bei dem man im Internet sehen kann, welche Partei wohl am ehesten zu einem passt, hält er für eine gute Hilfe. Doch Berres ist Realist: "Für die Wahlbeteiligung sind wahrscheinlich andere, banale Gesichtspunkte genauso wichtig wie die allgemeine Stimmungslage, die politische Situation oder auch das Wetter am Wahltag."

Beruflich deutete zunächst nichts darauf hin, dass Berres einmal diesen Weg einschlagen würde. Der diplomierte Nachrichtentechniker und Sozialwirt fing nach seinem Studium zunächst im rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium an, wurde dann Referatsleiter Konversion. Von da war der Sprung zur ehemaligen US-Airbase Hahn 1995 nicht verwunderlich, Berres war bis 2001 Geschäftsführer des zivilen Hunsrück-Flughafens. Zurück im Ministerium beschäftigte er sich dann mit der Verlegung der US-Streitkräfte von der Rhein-Main-Airbase in Frankfurt nach Ramstein und Spangdahlem.

2003 kam er nach Bad Ems, doch seinen Wohnort in Waldalgesheim (Kreis Mainz-Bingen) hat Berres behalten. Jeden Tag fährt der verheiratete Vater von zwei Kindern rund 75 Kilometer bis zu seinem Arbeitsplatz. Nur nach der Wahlnacht will er ein Hotelzimmer nehmen.

Tobias Gorke, dpa

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