Die Bank, der Rücktritt, die Neuwahl

Daun · Der Kreistag des Landkreises Vulkaneifel hat eine sehr bewegte Wahlperiode hinter sich. Kontroverse Diskussionen bis hin zu offenem Streit prägten weite Teile der vergangenen fünf Jahre. Seit dem Amtsantritt von Heinz-Peter Thiel hat sich die Stimmung im Gremium aber wieder beruhigt.

 Landrat Heinz-Peter Thiel (Fünfter von links) lenkt seit 2013 die Geschicke des Kreistags Vulkaneifel. Hier beglückwünscht ihn sein Vorgänger Heinz Onnertz (Vierter von links) zur Wahl.

Landrat Heinz-Peter Thiel (Fünfter von links) lenkt seit 2013 die Geschicke des Kreistags Vulkaneifel. Hier beglückwünscht ihn sein Vorgänger Heinz Onnertz (Vierter von links) zur Wahl.

Foto: TV-Archiv/Klaus Kimmling

In fast 30 Sitzungen haben sich die Mitglieder des Kreistags Vulkaneifel seit 2009 mit vielen Themen beschäftigt und viele Entscheidungen getroffen. Die inhaltliche Arbeit ist bis zum vergangenen Jahr aber kaum noch wahrgenommen worden, denn die Fronten - der frühere Landrat Heinz Onnertz mit seinen Unterstützern auf der einen Seite, CDU und Bürgerunion Vulkaneifel auf der anderen Seite - waren zeitweise völlig verhärtet. Am Ende haben sich die Wogen wieder geglättet, was Ziel des seit 2013 amtierenden Landrats Heinz-Peter Thiel war.Kommunalwahl 2014


Die Konstellation: Der Kreistag hat 38 Sitze. 2009 musste sich die CDU von der absoluten Mehrheit verabschieden und kam auf nur noch 14 Mandate. Die SPD hat acht, FWG und Bürgerunion Vulkaneifel (BUV) haben jeweils fünf, die FDP vier. Grüne und Linke sind jeweils mit einem Sitz vertreten. Die neue Mehrheit jenseits der CDU hatte nur kurz Bestand. Die Beigeordnetenposten wurden noch an SPD, FWG und BUV vergeben, aber schon wenige Monate nach der Wahl kamen CDU und BUV sich näher. Eine schriftlich fixierte Koalition gab es zwar nicht, aber eine enge Zusammenarbeit.

Das Dauerthema ist zugleich der größte Zoff: Personeller Paukenschlag kurz vor Weihnachten 2011: Der Verwaltungsrat der Kreissparkasse Vulkaneifel setzt Vorstandschef Dieter Grau nach 20 Jahren an der Spitze des Geldhauses ab - mit der Stimmenmehrheit der KSK-Vertreter und der CDU-Abgeordneten im Gremium, jedoch ohne Vorwarnung und auch ohne Begründung. Das bricht einen noch nie da gewesenen politischen Streit vom Zaun, der den Kreistag spaltet. Und sogar überregional für Schlagzeilen sorgt. Die Folge: Der Kreistag wirkt wie gelähmt, es gibt über viele Monate kaum noch Entscheidungen über alle Fraktionsgrenzen hinweg. Landrat Heinz Onnertz (parteilos), der auf Graus Seite stand, bekommt von CDU, BUV, Teilen der FDP und dem Linken immer stärkeren Gegenwind. Anfang Juli 2012 dann …

der politische Paukenschlag: Onnertz kündigt überraschend an, dass er als Landrat zum 31. März 2013 vorzeitig in den Ruhestand gehe, was er mit einer "Hetzkampagne der Eifelzeitung" gegen ihn und der "Blockadepolitik von CDU, BUV und dem Linken" im Kreistag begründet. Die ihn unterstützenden Parteien SPD, FWG, Grüne und auch viele Bürger sind bestürzt - feiern aber schon bald wieder einen Sieg: Ihr gemeinsamer und parteiloser Kandidat Heinz-Peter Thiel, der langjährige Dauner Polizeichef, setzt sich gegen den CDU-Mitbewerber Frank Bender mit 61,3 Prozent durch. Thiel tritt am 1. April 2013 die Nachfolge von Onnertz an. Er legt sein Hauptaugenmerk auf die Befriedung des Kreistags - was ihm auch gelingt.

Große Investition: 2009 gab es 118 U-3- sowie 25 U-2-Kita-Plätze. 2014 sind es 481 U-3- und 191 U-2-Kita-Plätze. Der Kreis hat sich an der Ausweitung der Betreuungskapazitäten zwischen 2009 und 2014 mit 1,23 Millionen Euro beteiligt.

Eine offene Baustelle: Die Zukunft des Kreises war schon in vielen Sitzungen in den vergangenen Jahren ein Thema, aber in der Wahlperiode bis 2019 wird es noch mehr an Bedeutung gewinnen. Interessant dürfte werden, wie viel Einflussmöglichkeit der Kreistag auf Entscheidungen des Landes haben wird. In den kommenden fünf Jahren geht es aller Voraussicht nach ums Ganze für den Kreis.Extra

Der TV hat die Vertreter im Kreistag gefragt:
Die wichtigste Entscheidung des Kreistags mit der größten Tragweite für die Zukunft des Kreises war…

Gordon Schnieder (CDU): "für mich neben der Fortschreibung der Schulentwicklungsplanung, den Resolutionen zum Erhalt der Bundeswehrstandorte, dem Lückenschluss A 1 und dem Rohstoffabbau sowohl die ergangenen Entscheidungen zur Kommunal- und Verwaltungsreform als auch zur Gesundheitsversorgung."

Jens Jenssen (SPD): "die Weichenstellung für die Schulentwicklung. Allen voran die Einrichtung einer Fachoberschule an der Realschule Plus in Daun und die Einrichtung eines Beruflichen Gymnasiums mit den Bildungsgängen Wirtschaft und Technik an der BBS Gerolstein. Diese Arbeit werden wir auch im nächsten Kreistag fortführen und an der Erarbeitung eines neuen Schulentwicklungsplans mitarbeiten, damit wir auch weiterhin im gesamten Kreis ein wohnortnahes Bildungsangebot haben."

Edmund Geisen (FDP): "mit deutlicher Mehrheit verabschiedete, durch die FDP-Fraktion eingebrachte Resolution, in der sich der Kreistag eindeutig für den Erhalt des Vulkaneifelkreises ausgesprochen hat (34 Ja, 2 Nein und 1 Enthaltung)."

Jörg Leclaire (FWG): "dass wir trotz desolater Finanzsituation und Teilnahme am Entschuldungsfonds noch Investitionen in unsere Infrastruktur vorgenommen haben und zukunftsweisend auch das berufliche Gymnasium Technik ermöglichen konnten. Der rücklaufenden demografischen Entwicklung wurden wir mit der Schaffung eines Demografiebeauftragten, der Aktualisierung des Schulentwicklungsplans und dem Projekt zur zukünftigen ärztlichen Versorgung in der Region gerecht."

örg Schlösser (BUV): "dass die Bürgerunion im Rahmen des Kommunalen Entschuldungsfonds durchgesetzt hat, dass der Kreis als Eigentümer der Kreissparkasse Vulkaneifel von dieser jährlich 500 000 Euro erhält. Aufgrund dieses Erfolgs der BUV konnten wichtige und notwendige Ausgabenposten beibehalten werden."

Karl-Wilhelm Koch (Grüne): "die einstimmige Resolution zum Erhalt des Kreises, die ein kraftvolles und solidarisches Zeichen gegen die unsinnige Reihenfolge der Kommunal- und Verwaltungsreform setzte. Dies sollte nicht das Selbstbestimmungsrecht der Bürger in der Oberen Kyll beschneiden, sondern nur die richtige Abfolge möglicher Reformschritte deutlich machen. Es bleibt zu hoffen, dass diese Einstimmigkeit auch im neuen Kreistag Bestand hat, da es nur dann auch in fünf Jahren noch einen Kreistag geben wird, der Bilanz ziehen kann."

Ulli Meyer (Linke): "Es wurde versäumt, sich für die Schaffung neuer Arbeitsplätze einzusetzen, den weiteren Abbau von Lava und die Verschandelung der Vulkaneifel zu verhindern, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, damit die Jugend den Kreis nicht so massiv verlässt beziehungsweise wieder zurückkehrt sowie die notwendige Kreisreform offensiv anzugehen." red

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort