Wein Der Schwarze im weißen Gewand: Farbspiele im Weinkeller

Trier/Region · Aus weißen Trauben wird Weißwein, aus roten Rot­wein? In aller Regel ist das richtig. Doch wo eine Regel ist, gibt es auch eine Ausnahme. Genau die sorgt an der Mosel für einen neuen Trend: In den Gläsern von Weinliebhabern kreist immer häufiger ein Weißwein aus Rotweintrauben, der Blanc de Noir.

Wein: Der Schwarze im weißen Gewand: Farbspiele im Weinkeller
Foto: DWI (www.deutscheweine.de)

Er entsteht, wenn rote Trauben unmittelbar nach der Ernte gekeltert werden. Die roten Pigmente sitzen aus­schließlich in der Schale, und diese gibt bei sofortiger Pres­sung keine oder kaum Farbstoffe an den Saft ab. Er bleibt hell, weist allenfalls einen leichten Lachs-Ton auf - das gilt auch für den späteren Wein. Bleiben die roten Trauben da­gegen auf der Maische liegen, färbt sich der Saft zunächst in intensives Rosa - die Grundlage für Rosé-Weine ist geschaffen. Soll ein Rotwein entstehen, wird die Maische entsprechend ausgedehnt.

"Der Weiße aus schwarzen" bedeutet Blanc de Noir übersetzt. "Noir", schwarz, ist der französische Oberbegriff für Rotweine. Weinrechtlich gehören die Blanc de Noirs zu den Rosé-Weinen. Während Rosés jedoch nur 95 Prozent hellgekelterten Most enthalten müssen, bestehen Blanc de Noirs ausschließlich daraus. Rosés, sagen Fachleute, wür­den oft aus Trauben gewonnen, deren Qualität für die Rotwein-Produktion nicht tauge. Beim Blanc de Noir handelt es sich derweil oft um ausgesprochen hochwertige Weine: Viele Winzer nutzen eine erste Pressung edler Rotwein-Trauben zur Produktion dieses Weintyps. So reduzieren sie die Flüssigkeit in den Trauben, und der verbleibende
Saft weist, wie der spätere Rotwein, eine besonders hohe Konzentration an Aromen und roten Pigmenten auf. Auch in puncto Lager- und Entwicklungspotenziale sind Blanc de Noirs den Rosés oft überlegen.

Rosé-Weine sind insgesamt stark in der Gunst der Weintrinker gestiegen. "Von 2007 auf 2008 hat der Rosé allein auf dem deutschen Weinmarkt um 7,5 Prozent zu­gelegt", berichtet Ansgar Schmitz, Geschäftsführer des Vereins Moselwein. Speziell der Blanc de Noir steigt der­weil noch rasanter auf der Beliebtheitsskala. "Man findet ihn an Mosel, Saar und Ruwer zunehmend. Da ist ganz klar ein neuer Trend zu erkennen." Viele heimische Winzer, die Rotwein anbauen, produzieren inzwischen auch einen Blanc de Noir - als Alternative für Weißweintrinker ebenso wie für alle, die ab und an einfach einmal etwas anderes im Glas genießen wollen. "Bei unserer diesjährigen Jahresauswahlprobe war in der Kategorie der Rosé-Weine bereits etwa jeder Zweite ein Blanc de Noir", berichtet Schmitz. "Damit haben die Blanc de Noirs in den vergangenen Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Bei unserer Auswahlprobe sind sie auch meist besser bewertet worden als die klassischen Rosés."

Stephan Reuter, Leiter des Weinbauamts in Wittlich, nennt ebenfalls ein­drucksvolle Zahlen: "Bei den Qualitätsweinprüfungen hatten wir im Anbau­gebiet Mosel 2005 weniger als 50 Blanc de Noirs. 2007 waren es bereits mehr als 100. Und in diesem Jahr ist die Zahl auf über 250 gestiegen."

Meist habe der Blanc de Noir eine milde Fruchtsäure, er schmecke har­monisch und rund, erklärt Moselwein-Geschäftsführer Schmitz. "Vom Geschmack her ähnelt er einem Rosé." Der Schwarze im weißen Gewand sei fast immer trocken oder halbtrocken ausgebaut. "Auch Leute, die keine herben Weine mögen, können einen trockenen Blanc de Noir gut trinken", sagt Schmitz und resümiert: "Es ist ein süffiger Wein." In der trockenen Variante bringe er es auf 11,5 bis 13 Volumenprozent Alkohol, halbtrocken liege er bei elf bis zwölf Volumenprozent.

An Mosel, Saar und Ruwer entsteht der Blanc de Noir meist aus Spät-burgunder-Trauben. Diese Rebsorte, auch "Pinot Noir" genannt, ist die meistangebaute rote Traube in der Region. Doch auch andere Sorten wie Cabernet Sauvignon finden sich bisweilen in den Blanc de Noirs von der Mosel. Laut Weinrecht darf dieser Typ Wein Trauben verschiedener roter Rebsorten enthalten.

Ein Blanc de Noir kann "einfach so" getrunken werden, er eignet sich aber auch als Begleiter zum Essen. "Ich empfehle ihn zu leichter Küche", sagt Ansgar Schmitz. "Zum Beispiel zu einem schönen, frischen Salat mit gebratenen Rinderfiletstreifen." Selbst mit Tomaten-Gerichten, zu denen sich oft nur schwer ein passender Tropfen finden lasse, harmoniere der Blanc de Noir.

Ausgefallene Eigenschaften, exotische Herstellung - kein Wunder, dass der Weiße aus den roten Trauben immer mehr Liebhaber findet. Faszinierend, wie das Anbaugebiet Mosel auch nach mehr als 2000 Jahren Wein­bau-Tradition immer wieder all jene überrascht, die gerne Neues probieren.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort