Ohne Geschick

Der Eindruck drängt sich auf, dass der Mitte April beginnende NSU-Prozess unter keinem guten Stern stehen wird. Zu sorg- und arglos scheint der zuständige Senat des Münchner Oberlandesgerichts mit der Vorbereitung des Verfahrens umzugehen.


Die in den letzten Tagen und Wochen aufgetretenen Probleme und Pannen hätten vermieden werden können. Erst wurde ein viel zu kleiner Saal ausgewählt, obwohl jeder weiß, dass das Verfahren gegen Beate Zschäpe die Öffentlichkeit elektrisieren wird wie kaum ein anderes. Dann wurde dem türkischen Botschafter ein fester Platz verweigert, was von wenig politischem Fingerspitzengefühl des Senats zeugt. Und nun sollen türkische Journalisten außen vor bleiben. Auch wenn sich die bayerische Justiz darauf beruft, bei der Vergabe der Beobachterplätze strikt nach der angekündigten Prozedur vorgegangen zu sein, so taugt der NSU-Prozess ganz und gar nicht für bürokratische Formalienreiterei.
Zur Erinnerung: Acht Türken wurden von den Terroristen ermordet. Dass in der Türkei somit ein immenses Interesse an dem Prozess und an dem Umgang der Justiz mit den Taten besteht, müsste auch jedem Richter und Staatsanwalt wie selbstverständlich klar sein. Mehr noch: Das Verfahren wird das Bild von Deutschland beeinflussen. So viel steht fest.
Deshalb ist Kritik angebracht, weil in München all diese Hintergründe offenbar leichtfertig ignoriert werden. Die Unabhängigkeit der Justiz wäre durch mehr Sensibilität und mehr Geschick jedenfalls nicht gefährdet.
Ein solches Jahrhundertverfahren muss möglichst geräuschlos vorbereitet werden. Gelungen ist das dem Senat bislang nicht.
nachrichten.red@volksfreund.de

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