Leserbrief Lieber sprechen als schießen!

Ukraine-Krieg

Zum Artikel „Truppenbesuch unter Last des Krieges“ (TV vom 5. März):

Wut, Schrecken, Entsetzen sind sicher jetzt im Ukrainekrieg mehr als begreifliche Motive, die ganze Palette an Gegenmaßnahmen gegen Russland zum wirtschaftlichen und sonstigen Schaden unseres Nachbarvolkes, leider aber auch von uns selber, genau durchzuspielen. Wirklich klug sind solche harten Gegenschläge gegen einen Nachbarstaat damit aber kaum, erschweren sie doch als unvermeidbare Nebenfolge, später auf die Entscheidungsträger Russlands zuzugehen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

Klüger erscheint es mir, Moskau zum Nutzen der ukrainischen Bevölkerung auf einen sofortigen Waffenstillstand zu drängen und mit Russland Gespräche zu führen, um so für beide Seiten dann zu tragbaren Lösungen zu gelangen.

Das jetzige Szenario erinnert mich – wenn auch mit vertauschten Rollen – an die zu Kennedys Zeiten sich abspielende Kubakrise, als russische Raketen auf dem Boden Kubas – immerhin eines souveränen Staates – die USA durchaus mit Grund entsetzten. Abgebogen wurde der sich abzeichnende Konflikt durch das Nachgeben der russischen Seite, die dafür mit einem Abzug der amerikanischen Raketen aus der Türkei belohnt wurde. Ein entsprechendes Nachgeben ist aber bis jetzt zu keiner Zeit auf der westlichen Seite zu beobachten.

Also müsste man dann doch auf westlicher Seite schnellstens versuchen, das schreckliche Töten und Zerstören schnell zu beenden. Es gilt doch immer noch: Lieber sprechen als schießen! Vielleicht käme dann jetzt, wenn auch spät, der Wille nach Schaffung einer gesamteuropäischen Sicherheitsordnung, wie sie es nach der Wiedervereinigung lange in vieler Munde war, dann aber verstummte, zum Tragen.

Die Frage, ob damals in der Kubakrise Kennedy einen Schießbefehl erteilt hätte und somit einen größeren Krieg ausgelöst hätte, wenn Moskau seine Schiffe auf dem Weg nach Kuba nicht umgeleitet hätte, lässt sich heute wohl kaum beantworten. Ich fürchte aber, dass er vor dem Schlimmsten nicht zurückgeschreckt wäre, so wie Putin es uns jetzt zeigt, nachdem er zuvor kein Gehör im Westen gefunden hatte.

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