Finanzen

Zur Berichterstattung über die Steuer-Affäre des Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß und zur Debatte über Gerechtigkeit:

Ein Steuerabkommen, das Steuerhinterziehern Anonymität gewährt, ist eines Rechtstaates nicht würdig. Der Ankauf von Steuer-CDs führt zu mehr Steuergerechtigkeit und nicht zu weniger. Dieses Handeln wird auch vom Bundesverfassungsgericht toleriert. Ein Land, dessen Geschäftsmodell darauf basiert, das Geld von Steuerkriminellen zu verwalten, ist keine Oase, sondern ein Ort von politisch tolerierter Kriminalität. Pro Jahr entgehen den EU-Staaten durch Steuerkriminalität etwa 1,5 Billionen Euro an Steuereinnahmen. Vor dem Ruin stehende Banken fordern gerne Hilfen vom Staat, bevor die Lichter ausgehen. Ausgerechnet die Banken, die ja zum Teil sehr gerne dabei helfen, Geld zu verschieben, um keine Steuern zu zahlen. Wir haben keine Euro-Krise, sondern eine Bankenkrise. Wir haben auch keine Schuldenkrise, sondern eine Einnahme- beziehungsweise eine Verteilungskrise. Die Staaten sind gefordert, untereinander Steuertransparenz herzustellen, um damit die zustehenden Steuereinnahmen generieren zu können. Das ist nicht unmöglich, es liegt halt nur und ausschließlich in den Händen der Politik. Und in Deutschland gilt es, dieses undurchschaubare Steuerrecht zu vereinfachen. Man denke an das Merz\'sche Bierdeckel-Steuerkonzept. Die Forderung nach einem einfacheren und gerechten Steuerrecht hat man ja schon sehr oft gehört. Umgesetzt wurde dann in Regierungsverantwortung allerdings sehr wenig. Steuergerechtigkeit bedeutet auch, dass Steuern auf Erwerbstätigkeit geringer sein müssen als auf Vermögensgewinne. Die vor Wahlen regelmäßige und leidige Diskussion um den Spitzensteuersatz hat bisher nie zu mehr Einnahmen oder zu mehr Steuergerechtigkeit geführt. Von einem umfassenden Konzept ist man hier weit entfernt. Ein Spitzensteuersatz von beispielsweise 35 Prozent, bei Streichung aller Ausnahmen, wäre einfacher und brächte mehr Steuereinnahmen. Das sollte für alle deutschen Staatsbürger Gültigkeit besitzen, auch für Formel 1-Fahrer, Fußballer oder Tennisspieler. Die Tatsache, dass unsere großen Idole ihre Steuern in Österreich, in der Schweiz, in Monaco oder sonstwo bezahlen, sollte auch mal zum Nachdenken anregen. Wenn man dann noch von allen Steuerpflichtigen einkommensabhängige Beiträge zu den Sozialversicherungen für eine Grundsicherung einziehen würde (nach dem Schweizer Modell), ginge es vermutlich gerechter und solidarischer zu. Aber beim Blick auf die externe Beeinflussbarkeit unserer Politik träume ich halt weiter. Jürgen Teusch, Wittlich

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