Gesellschaft

Zur Berichterstattung über das Attentat in Orlando und die Akzeptanz von Minderheiten in der westlichen Welt:

Wir nennen uns Welterklärer, Integrationsexperten, Finanzexperten, die einfach Alleswisser, aber das sind wir nicht. Nach dem Attentat auf Charlie Hebdo wurde über die Grenzen der Meinungsfreiheit diskutiert. Nach Köln wurde über das Recht der Frau diskutiert. Aber nach dem Attentat in Orlando wird nicht über das Recht der LGBTI (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Intersexual) diskutiert. Es wird nicht darüber gesprochen, dass Homophobie ein Bestandteil unserer Gesellschaft ist. Nach jedem Anschlag debattieren wir über unsere "offene" Gesellschaft und über unsere tollen "westlichen" Werte wie Toleranz, aber im Falle von Orlando bleibt die Diskussion über die Minderheit der LGBTI aus, weil diese Minderheit die einzige ist, die in unserer Gesellschaft nach Anerkennung ringt und sie bis heute nicht erhält. Sie ist die einzige Minderheit, über die wir schweigen. Niemand sieht auf die Schulhöfe, auf den Alltagsrassismus oder die alltägliche Homophobie. Laut der Studie "Die enthemmte Mitte" finden circa 36 Prozent der Deutschen, dass Ehen zwischen zwei Frauen oder zwei Männern nicht erlaubt werden sollten, ungefähr 24 Prozent finden, dass Homosexualität unmoralisch sei und sogar mehr als 40 Prozent finden, dass es ekelhaft ist, wenn sich Homosexuelle in der Öffentlichkeit küssen. Aber warum? Wovor haben wir Angst? Dass wir durch diesen Anblick plötzlich homosexuell werden könnten? Diese Debatten zeigen, dass wir selbst sexistisch, rassistisch und homophob sind, aber es ständig abstreiten, anstatt zu versuchen damit umzugehen. Wir müssen über Akzeptanz und Respekt reden, über den Umgang mit Xenophobie. Wir sollten nicht ständig über die Äußerungen von Donald Trump oder anderen Populisten diskutieren (auch wenn ihre Argumente aus dumpfen Parolen bestehen), wenn wir selbst nicht besser sind. Wir müssen, um das Problem zu lösen, die Perspektive wechseln und immer die Dinge auch aus der Sicht des anderen, aus der Sicht der Minderheiten betrachten. Die Mehrheit muss in der Lage sein, offen für die Minderheit zu sein, dabei spielt es keine Rolle, um welche Minderheit es sich handelt. Maximilian Herzog, Minheim

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