Übler Rohrkrepierer

Zum Artikel "Ärzte-Honorare: Patienten sollen mehr zahlen" (TV vom 4. Januar):

Das, was sich die Verhandlungsführer der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Ende 2008 oktroyieren ließen, hat sich als Rohrkrepierer der übelsten Sorte entlarvt. Unter der Verheißung stabiler und vorhersehbarer Vergütungen wurden die Regelleistungsvolumina (RLV) in Verbindung mit zusätzlichen drei Milliarden Euro für die Vertragsärzte als "Ende der Durststrecke" durchgeboxt.

Jetzt, nach knapp einem Jahr, stehen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) vor einem Scherbenhaufen. Verteilt werden kann nur das Geld, welches die Kassen gnädigerweise der KV zukommen lassen.

Die AOK zahlt rund 93 Euro pro Versicherten, die DAK etwa 103 Euro, die IKK jedoch lediglich circa 66 Euro; und durch den - infolge aggressiver Werbung - veranlassten massiven Wechsel der Versicherten zu den IKK fehlen der KV jetzt einige eingeplante Millionen.

Wenn das für die geleistete Arbeit nicht reicht, werden die Regelleistungsvolumina für die Zukunft einfach gesenkt (für die Chirurgen von 37,15 im 1. Quartal 2009 auf jetzt 26,27 für das 1. Quartal 2010, inklusive Röntgen).

Die gewaltige Summe von 1,4 Milliarden Euro für die Vertragsärzte schrumpft auf bescheidene 233 333 Euro durchschnittlichen Umsatz pro Arzt. Bei etwa 80 Prozent Betriebskostenanteil kann sich jeder selbst die "fürstliche" Honorierung ausrechnen. Jeder Kaufmann würde unter solchen Bedingungen seinen Laden zumachen.

Wenn die Ärzte protestieren, heißt es zynischerweise: Ihr könnt ja die Zulassung zurückgeben. Nur, solange der Vertragsarztstatus besteht, sind wir in einem derartigen Korsett von Gesetzen und Vorschriften gebunden, dass kaum ein Ausweg besteht.

Kein Wunder, dass unter derartigen Bedingungen (Zwangsverpflichtung zur Arbeit/Leistung bei ungesicherten Arbeitsbedingungen - die gesamten Arbeitsschutzgesetze, Arbeitszeit, Mutterschutz und so weiter gelten für den Vertragsarzt nicht - und unklarer Vergütung) kein junger Kollege bereit ist, das Risiko einer Vertragsarztpraxis auf sich zu nehmen.

Die jetzt von der KV angedachte Direktabrechnung (nicht Bezahlung nach Kassenlage, sondern direkt auf Rechnung entsprechend geleisteter Arbeit) wäre ein Hoffnungsschimmer.

Michael H. Rost, Trier

gesundheit

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