Soziales Was Menschen nicht im Fundbüro vermuten

Von Katja BernardyTrier Tretboot, Koffer, Ring, Gebiss: Im Trierer Fundbüro stapelt sich Verlorengegangenes – bis es abgeholt oder versteigert wird. In Ruth Müllers Büro im Trierer Rathaus stehen häufig Dinge, die man nicht in einem Büro vermuten würde.

 Ruth Müller und Guido Briel von der Stadtverwaltung Trier gewähren einen Blick in den Keller des Fundbüros. 

Ruth Müller und Guido Briel von der Stadtverwaltung Trier gewähren einen Blick in den Keller des Fundbüros. 

Foto: TV/Katja Bernardy

An diesem Nachmittag zwei Reisekoffer. Bei ihr werden Dinge abgegeben, die Menschen im sogenannten öffentlichen Raum finden – auf der Sraße, auf dem Hauptmarkt, in Kaufhäusern, am Moselufer. Darunter Erstaunliches: Tretboot, Stromaggregat, Mokick. Auch Gebisse landen schon mal auf Müllers Schreibtisch oder Sexspielzeug. Ein halbes Jahr werden die Fundsachen aufgehoben, rund 50 Meter von Müllers Büro entfernt, im Keller eines Gebäudes der Stadtverwaltung in der Hindenburgstraße.Betritt man den Keller, staunt man, was Menschen nicht vermissen oder nicht im Fundbüro vermuten: Fahrräder, in allen Größen und Preisklassen, eine Angel, Brillen, Notebooks, Kinderwagen, Rollatoren. Ein orangefarbener Vogelkäfig sticht ins Auge. „Auch Tiere werden bei uns abgegeben“, sagt Müller. Eine Box, um Katzen zu transportieren, lagert in den Metallregalen.Guido Briel leitet das Bürgeramt der Stadt Trier, das Fundbüro gehört dazu. „Es gibt Tage, da geben sich die Leute die Klinke in die Hand“, sagt er. Besonders nach großen Veranstaltungen wie dem Altstadtfest, Olewiger Weinfest oder Weihnachtsmarkt. So war es vor der Pandemie. Die Corona-Krise zeige sich auch im Fundbüro, sagt Briel. Statt 1300 Fundsachen wie im Jahr 2019 seien 2020 nur 900 abgegeben worden. Während der Pandemie hätten auffällig viele ältere Menschen ihren Geldbeutel verloren. Auch die Schließung der Kaufhäuser wirke sich aus. Weniger dort Liegengebliebenes lande im Fundbüro. Um Staus vor Müllers Büro zu vermeiden, müssen Finder oder diejenigen, die verlorene Gegenstände suchen, derzeit vorab Termine vereinbaren.Was nach einem halben Jahr nicht abgeholt wird und trotz Ruth Müllers intensiver Recherche nicht zum Besitzer zurückkehrt, wird online versteigert. So ist es im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt (siehe Extra). In Trier kümmert sich eine externe Firma um die Versteigerung. Der Erlös werde hälftig geteilt, sagt Briel. 7900 Euro seien bei der letzten Versteigerung zusammengekommen.Das verloren gegangene Tretboot ist für sechs Monate bei der Wasserschutzpolizei untergekommen. Die Zusammenarbeit mit der Polizei sei sehr gut, lobt der Fundbüro-Chef. Einige Fundsachen finden auch wieder zu ihrem Besitzer zurück: Etwa die 2500 Euro, die ein belgischer Tourist im vergangenen Jahr verloren hatte, das Lieblingsstofftier und eines der beiden Stromaggregate wurde nach vier Wochen abgeholt. „Die Leute sind dann sehr froh“, sagt Briel. Auch dann, wenn schon mal das Geld im Portemonnaie fehle. Hauptsache die Fotos der Enkel oder der Ausweis seien noch da. Dass die herrenlosen Koffer, die an diesem Tag in Ruth Müllers Büro gestrandet sind, abgeholt werden, ist eher unwahrscheinlich. „Ich habe in den fünf Jahren noch nicht erlebt, dass Koffer abgeholt wurden“, sagt sie.

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