Abschied einer Kanzlerin Angela Merkel von A bis Z

Berlin · Vier Legislaturperioden Kanzlerschaft in Deutschland – nacherzählt in Stichworten und kurzen Episoden. Ganz persönliche und hochpolitische Notizen zu der Frau, die das Land in den vergangenen 16 Jahren geprägt hat.

 ARCHIV - 22.07.2021, Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sitzt in die Bundespressekonferenz und lacht. Es ist voraussichtlich ihr letzter Auftritt dieser Art. Traditionell beantwortet sie zum Beginn oder am Ende der Sommerpause Fragen zu allen Themenbereichen der deutschen und internationalen Politik. (zu dpa Themenpaket zum Ende der Ära Merkel nach der Bundestagswahl) Foto: Wolfgang Kumm/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

ARCHIV - 22.07.2021, Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sitzt in die Bundespressekonferenz und lacht. Es ist voraussichtlich ihr letzter Auftritt dieser Art. Traditionell beantwortet sie zum Beginn oder am Ende der Sommerpause Fragen zu allen Themenbereichen der deutschen und internationalen Politik. (zu dpa Themenpaket zum Ende der Ära Merkel nach der Bundestagswahl) Foto: Wolfgang Kumm/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

A wie Angst: Öffentlich zeigte Merkel diese selten. Nur beim Hund des russischen Präsidenten Wladimir Putin, der um ihre Beine streifte, wurde ihr mulmig. Sie mag keine Hunde

B wie Bayreuth:  In jedem Spätsommer besuchten Merkel und ihr Mann Joachim Sauer die Bayreuther Festspiele. Beide sind leidenschaftliche Wagner-Fans. Merkel zeigte sich hier in feierlichen Abendroben.

C wie CSU: Ein Verhältnis mit Höhen und vielen Tiefen. Mit dem früheren CSU-Chef Horst Seehofer ging es nicht gut aus, mit Markus Söder schloss sie ihren Frieden

D wie DDR:  Die kleine Angela wurde zwar 1954 in Hamburg geboren. Aber als ihr Vater im selben Jahr den Pfarrersposten im ostdeutschen Quitzow bekam, zog die Familie dorthin. Merkel war in der FDJ. Auch fürs Abitur und Studium.

E wie Einkauf: Auch eine Bundeskanzlerin muss ab und an so schnöde Dinge wie Einkaufen erledigen. Im „Ullrich“-Supermarkt an der Mohrenstraße in Berlin ist Merkel Stammkundin. Und schiebt ihren Einkaufswagen immer selbst. 2014 brachte sie sogar den Ministerpräsidenten Chinas, Li Keqiang, mit in den Laden. Im Einkaufskorb landeten unter anderem Aufbackbrötchen und Salz.

F wie Freunde: Viele kennt man nicht. Wenn Merkel Zeit findet, trifft sie schon mal jemanden spät im Berliner Restaurant Borchardt. Der Tenor Rolando Villazon gehört dazu, Ex-Ministerin Annette Schavan oder die Verlegerin Friede Springer.

G wie Gipfel: Ihr erster großer Gipfel war der G7-Gipfel 2007 in Heiligendamm an der Ostsee. Es folgten Hunderte weitere, viele davon Krisengipfel.

H wie Haare: Als Merkel CDU-Chefin und später Kanzlerkandidatin wurde, waren ihre Haare, ihre Frisur immer Grund für Spott. Also musste der Berliner Edelfigaro Udo Walz ran. Wie sagt man doch: Jetzt hat sie die Haare schön.

 I wie Indiskretion: Es gibt nichts, was Merkel weniger schätzte. Ihr „Team“ aus Büroleiterin und Strategie-Chefin  plus Regierungssprecher hielt immer dicht.

J wie Jogi Löw: Er war 15 Jahre Bundestrainer, sie 16 Jahre auch Fußball-Kanzlerin - jubelnd beim Sommermärchen oder mit Mesut Özil in der Kabine.

K wie Klima: Merkel hat sich in ihrer Zeit als Umweltministerin für das Kyoto-Abkommen eingesetzt, das ab 2005 erstmals völkerrechtlich verbindliche Emissionsziele festschrieb. Doch Merkel räumte kürzlich ein, dass beim Klimaschutz während ihrer Kanzlerschaft „nicht ausreichend viel passiert“ sei.

L wie Lesen: Viel Zeit blieb ihr dazu nicht. Die „FAZ“ gehörte zu ihrem Standardprogramm, auch russische Romane mag sie gern. Und Wälzer über den Dreißigjährigen Krieg.

M wie Mobiltelefon: Ohne ihr Handy sah man die Kanzlerin nur selten. Sie kommunizierte stets über SMS, „am“ stand drunter.

N wie Neuland: 2013 sagte Merkel: „Das Internet ist für uns alle Neuland.“ Sie meinte die Ausspähung durch US-Geheimdienste. Im Netz erntet sie dafür bis heute Spott.

O wie Obama:  Sie waren das Traumpaar der westlichen Welt, gebannt in ein Bild vom G7-Gipfel in Elmau. Der US-Präsident lässig auf einer Bank, davor Merkel mit weit ausgestreckten Armen: So viel, Barack, haben wir geschafft!

P wie Pressekonferenz:  Merkel ist für ihren nüchternen, schnörkellosen Stil bekannt. Erst auf Nachfragen läuft sie sich warm, die interessantesten Zitate kommen meist erst gegen Ende ihrer Statements. Die Bundespressekonferenz war bei ihren Auftritten vor der blauen Wand dennoch immer voll besetzt. 29 waren es an der Zahl.

Q wie Queen: Britische Medien nannten Merkel oft „Queen of Europe“. Mit Queen Elizabeth II. verbindet Merkel gegenseitige tiefe Sympathie. Das höfische Zeremoniell – angedeuteter Hofknicks, leichte Verbeugung, Handshake – beherrscht sie schon bei der ersten Privataudienz 2008. Es folgen zwei weitere.  Dazu die Begegnungen bei Empfängen und dem Deutschlandbesuch der Königin. In Pandemiezeiten gibt ihr die Queen noch einmal die Ehre, nicht virtuell, sondern persönlich auf Schloss Windsor.

R wie Raute: Das Markenzeichen der Angela Merkel. Sie hat es geprägt und es wird immer mit ihr verbunden sein. Wohin nur mit den Händen? Sie machte aus der Not eine Tugend.

S wie Sauer:  Ab und an absolvierte er schon mal das Damenprogramm: Professor Joachim Sauer, Merkels zweiter Ehemann. Verheiratet sind beide seit 1998. Einer, der nie die Öffentlichkeit gesucht hat.

T wie Tirol:  Immer wieder zieht es die Kanzlerin im Sommerurlaub nach Südtirol, genauer in den Ort Sulden mit Blick auf den rund 3900 Meter hohen Berg Ortler. Merkel geht gerne wandern, oft mit ihrem Mann, manchmal auch allein.

U wie Uckermark:  Dort wuchs Angela Dorothea Merkel, geborene Kasner, auf. Genauer: In Templin. Inzwischen ist sie Ehrenbürgerin ihrer Heimatstadt. Und in ihrer Datsche im nahen Hohenwalde kocht sie gerne Hausmannskost.

V wie Volten: Politische Volten schlug Merkel immer mal wieder: Atomausstieg, Abschaffung der Wehrpflicht, Ehe für alle - ihre Partei wurde stets überrascht.

W wie „Wir schaffen das“: Drei Worte, die sich von Merkels üblichen Schachtelsätzen abheben, wurden zum zentralen Begriff von Merkels Flüchtlingspolitik. Gesprochen in der Bundespressekonferenz Ende August 2015 – also noch vor ihrer Entscheidung, die Grenzen für Flüchtlinge aus Ungarn offen zu halten. Sie wollte damit Mut machen im Sinne von „Wir haben so viel geschafft, da gelingt uns das auch“, lieferte damit aber auch einen Ansatz zur Polarisierung. „Wir wollen das nicht schaffen“, meinte etwa die AfD.

X wie X-Chromosom: Merkel hat sich im Laufe ihrer Amtszeit nicht als Vorkämpferin für die Frauen hervorgetan, erst in ihrer Spätphase setzte sie sich zunehmend für die Gleichstellung ein. Mit der Selbstbeschreibung als Feministin war Merkel immer zögerlich. Ihre Haltung drückte Sie in typischer Merkel-Manier einmal so aus: „Parität in allen Bereichen erscheint mir einfach logisch. Das muss ich nicht dauernd extra erwähnen.“

Y wie Yuppies: Erfolgsverwöhnte Aufsteigertypen räumte Merkel in großer Zahl aus dem Weg. Insbesondere solche, die selbst Ambitionen aufs Kanzleramt haben oder in verborgenen Netzwerken wie dem Andenpakt gegen sie arbeiten. Sie haben nur die Wahl, sich von ihr domestizieren oder ausschalten zu lassen. Nach der gewagten Abnabelung von Helmut Kohl nutzt sie die affärenbedingte Schwäche von CDU-Chef Wolfgang Schäuble zur eigenen Profilierung, bremst dann Friedrich Merz, die Ministerpräsidenten Christian Wulff und Roland Koch aus.

Z wie Zittern: Im Sommer 2019 war die Sorge groß, als die Kanzlerin gleich mehrfach bei Staatsbesuchen zitterte. Eine Zeitlang absolvierte sie die Empfänge im Sitzen. „Latente Übermüdung“, lautete später die Diagnose.

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