Süße Vorfreuden und ein bisschen Bangen

Auf den Tag genau ein Jahr vor Beginn der Heilig-Rock-Wallfahrt hat Triers Bischof Stephan Ackermann über den Stand der Vorbereitungen informiert. "Es wird ein Mega-Ereignis", verspricht Ackermann, der ein wenig bangen muss, ob er im April 2012 überhaupt noch Bischof von Trier ist.

Trier. So süß wie dieses Mal ist es selten, wenn Triers Bischof Stephan Ackermann zu einer Pressekonferenz einlädt. Aber dass bei Bischofs schon am frühen Morgen Kuchen gereicht wird, ist auch eher die schmackhafte Ausnahme. Monsignore Georg Bätzing feiert an diesem Tag seinen 50. Geburtstag, und so gibt's für den Wallfahrtsleiter gleich das passende Geschenk: einen rotfarbenen Kuchen in Heilig-Rock-Form. "Nehmt auseinander, was zusammen war", sagt der Bischof und bekommt vom folgsamen Geburtstagskind natürlich gleich das erste Stück gereicht. "Sieht schwerer aus, als es ist", sagt Ackermann und lässt sich den Sandkuchen mit Zuckerguss schmecken.

Derart gelöst dürften der 48-Jährige und seine Cheforganisatoren am 13. April 2012 frühmorgens nicht sein. Denn dann sind es nur noch wenige Stunden, bis die Heilig-Rock-Wallfahrt mit einem Gottesdienst im Dom eröffnet wird. Einen Monat lang, bis zum 13. Mai, wird die normalerweise unter Verschluss gehaltene wertvolle Reliquie (siehe Extra) dann in einem Glasschrein zu sehen sein. Ein seltenes Ereignis: Im Schnitt nur etwa alle 60 Jahre wird der Heilige Rock den Gläubigen gezeigt.

Da mutet es etwas merkwürdig an, dass seit der letzten Wallfahrt erst 15 Jahre vergangen sind. Aber 2012 ist ein Jubiläumsjahr. Genau 500 Jahre zuvor wurde die Reliquie in Trier zum ersten Mal öffentlich gezeigt. Ein "Mega-Ereignis" (Bischof Ackermann), das jedes Mal Hunderttausende Gläubige in Deutschlands ältestes Bistum pilgern ließ. Etwa eine Million Menschen werden zur Heilig-Rock-Wallfahrt 2012 erwartet, glauben Experten wie der Trierer Chef-Touristiker Hans-Albert Becker. Eine Schätzung, die die Bistumsorganisatoren noch für etwas übertrieben halten. So oder so: In den vier Wochen zwischen 13. April und 13. Mai muss sich Trier auf einen Pilgeransturm gefasst machen. Allein 2500 ehrenamtliche Helfer werden gebraucht, um die Gläubigen zu betreuen. "500 haben sich gemeldet", sagt Wallfahrtsgeschäftsführer Wolfgang Meyer, die übrigen werden noch gesucht. Schon jetzt wird auf allen möglichen Kanälen für das christliche Großereignis geworben; selbst bei den eher von Jüngeren bevorzugten Internet-Plattformen "Twitter" oder "Facebook" wird regelmäßig über die Wallfahrt und das schon in drei Wochen startende "geistliche Vorbereitungsjahr" informiert.

"Es gibt große Vorfreude und Kooperationsbereitschaft", meint denn auch Triers Bischof Stephan Ackermann, der in der Wallfahrt einen willkommenen Anlass sieht, "uns als Kirche zu versammeln und im Glauben zu stärken". Auch für den Bereich der Ökumene erhofft der Bischof wichtige Impulse und richtungsweisende Begegnungen. Stephan Ackermann hat in den vergangenen Tagen und Wochen so viele Einladungen unterschrieben, dass ihm selbst schon etwas mulmig zumute ist: "Wenn die alle kommen", sagt er, "wird's gewaltig." Besonders gewaltig würde es wohl, wenn der gleich mehrfach schriftlich und mündlich eingeladene Papst zur Wallfahrt käme. "Bislang gibt es aus Rom weder eine Zusage noch eine Absage", gibt Ackermann die Hoffnung nicht auf, dass Benedikt XVI. trotz seiner Deutschland-Visite in diesem Jahr auch im Frühjahr 2012 nach Trier kommt. Dabei ist es zumindest nicht ausgeschlossen, dass Stephan Ackermann dann schon nicht mehr in Trier ist. Der 48-Jährige gilt als möglicher Nachfolger des Berliner Erzbischofs Georg Sterzinsky. Dessen Stuhl wird noch in diesem Jahr neu besetzt.

EXTRA

FRAGEN ZUM HEILIGEN ROCK



Der rotbraune Heilige Rock ist eine wichtige Reliquie der Christenheit. Zumindest ein verfilzter Wollteil in der Mitte der Stoffrobe soll zu jener Tunika gehört haben, die nach Jesu Kreuzigung verteilt wurde. Ist der Heilige Rock echt? Das weiß man nicht. Wissenschaftlich ist es nicht nachzuweisen. Die Überlieferung sagt, dass die heilige Helena - Mutter von Kaiser Konstantin - das Gewand auf einer Pilgerfahrt nach Jerusalem fand und der Trierer Kirche schenkte. Wo wird der Heilige Rock aufbewahrt? Er liegt im Trierer Dom verschlossen und nicht sichtbar in einer Kapelle in einem Schrein unter einem klimatisierten Glaszelt. Nur bei Wallfahrten ist das Gewand öffentlich zu sehen. Wie groß ist der Heilige Rock? Seine Vorderseite ist 1,47 Meter lang, seine Rückseite 1,57 Meter. Breit ist er 1,09 Meter. Warum wird der Heilige Rock verehrt? Er erinnert an die Menschwerdung von Jesus Christus. Außerdem ist das unzerteilte Gewand ein Zeichen der ökumenischen Einheit der Kirche. Seit wann gibt es Heilig-Rock-Wallfahrten? Erstmals wurde der Heilige Rock vor 500 Jahren im Jahr 1512 gezeigt. Seitdem sind Millionen Menschen nach Trier gepilgert. dpa

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