Interview Wissenschaftsminister Wolf: „Trier ist ganz ausgezeichnet aufgestellt“

Trier · Der rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister lobt die Innovationskraft der Universität Trier und fordert noch mehr Profilbildung.

 Wissenschaftsminister Konrad Wolf im Redaktionsgespräch mit Chefredakteur Thomas Roth (rechts) und Chefreporter Rainer Neubert (links). Ministeriumssprecher Markus Nöhl ist ebenfalls Gast im Medienhaus Trierischer Volksfreund.

Wissenschaftsminister Konrad Wolf im Redaktionsgespräch mit Chefredakteur Thomas Roth (rechts) und Chefreporter Rainer Neubert (links). Ministeriumssprecher Markus Nöhl ist ebenfalls Gast im Medienhaus Trierischer Volksfreund.

Foto: Harald Jansen

Die Universität feiert in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag. Im Gespräch mit dem rheinland-pfälzischen Wissenschaftsminister Konrad Wolf wollten wir wissen, wie gut die größte Bildungs- und Forschungseinrichtung in der Region Trier für die Zukunft aufgestellt ist. Zur Sprache kommt aber auch die Rolle der Landesregierung.

50 Jahre sind seit der Neugründung der Universität Trier vergangen. Seitdem ist viel passiert. Die Jubiläumsbroschüre heißt: „Ein besonderer Ort“. Was macht die Universität Trier für Sie zu einem besonderen Standort?

WOLF Beim Blick auf die vergangenen 50 Jahre ist interessant, wie sich die Fächerdisziplin weiterentwickelt hat. Begonnen hat sie als geisteswissenschaftliche Einrichtung.Dann sind Fächer wie Sozialwissenschaften, Jura, Informatik, Mathematik, Geo- und Umweltwissenschaften hinzugekommen. Mit dieser Fächerbreite hat man heute zentrale Zukunftsfelder, an denen gearbeitet wird. Informatik ist zum Beispiel eine Schlüsseldisziplin in fast allen wissenschaftlichen Bereichen. Die Bedeutung von Geo- und Umweltwissenschaften muss angesichts der aktuellen Klimaentwicklungen nicht weiter erläutert werden.

Wegen der bislang geltenden Förderpraxis, die sich an der Zahl der Studienanfänger orientiert, war aber der große Schwerpunkt Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren problematisch. Besonders die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer haben großen Zulauf an Studierenden. Die klassischen Lehrerberufe weniger. So ist die Zahl der Studierenden in Trier in den vergangenen Jahren von 15 000 auf aktuell 12 500 zurückgegangen.

WOLF Auf lange Sicht wird sich die Zahl in Trier bei 12 500 etablieren. In unserer Gesellschaft geht es nicht nur um Technologien, sondern auch um gesellschaftliche Prozesse. Es geht darum, wie Technologien und gesellschaftliche Entwicklungen zusammenhängen. Insofern ist die Ausrichtung hier sehr zukunftsweisend. Durch die Ergänzung mit Informatik und Mathematik konnten auch universitätsnahe Institute in Trier angesiedelt werden. Ein gutes Beispiel dafür ist der ZPID, das Leibniz-Institut für Psychologie. Es gibt aber auch eine enge Verknüpfung der Universität mit der Entwicklung der Stadt Trier und der Region. Fast die Hälfte der jungen Menschen in unserem Land studieren. Mit seiner Schwerpunktsetzung ist die Uni Trier sehr gut aufgestellt. Und nun gibt es vermutlich den größten Schub in den letzten Jahrzehnten.

Was meinen Sie damit?

WOLF Die Pflegewissenschaften sind eine neue Disziplin, die in Deutschland entsteht. Mit den zusätzlichen Professorenstellen, die wir in Trier dafür zur Verfügung stellen, gibt es hier die komplette akademische Linie vom Grundstudium über das Masterstudium bis hin zur Promotion und zur Bearbeitung wissenschaftlicher Fragestellungen. Trier ist der zentrale wissenschaftliche Standort für die Pflegeforschung in Rheinland-Pfalz. Ein weiteres Beispiel ist die Antikenforschung. Auch in diesem Bereich entstehen drei neue Professuren. Europaweit wird Trier ein bedeutendes Zentrum für römische Forschung. Das zeigt auch, dass die Universität international gut venetzt ist.

Die Dynamik bei der Weiterentwicklung der Universität hat auch etwas mit dem geografischen Standort und der Nähe zu Frankreich, Luxemburg und Belgien zu tun. Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen für die Zukunft?

WOLF Das ist die Profilbildung. Eine Universität braucht Breite und gleichzeitig klar erkennbare Schwerpunkte.

Unipräsident Michael Jäckel propagiert seit langem das Motto Qualität vor Quantität.

WOLF Ich würde das nicht in Opposition zu dem Gesagten sehen. Natürlich ist eine hohe Qualität Voraussetzung für ein gutes wissenschaftliches Profil. Wir haben mit den Themensetzungen in den vergangenen Jahren eine gute Basis für die weitere Entwicklung geschaffen. Die Universität ist in den wissenschaftlichen Wettbewerben sehr erfolgreich. Es gibt eine Reihe von Bund-Länder-Programmen, in denen Mittel vergeben werden. Beim Wettbewerb für den wissenschaftlichen Nachwuchs hat die Uni Trier acht zusätzliche Professuren zugesprochen bekommen. Dieser Erfolg ist ein Qualitätsmerkmal. Trier war auch erfolgreich in dem Programm, das die Anzahl der Professorinnen erhöhen soll. Es gibt ein Prädikat für das Gleichstellungskonzept. Das ergibt vier zusätzliche Professuren. Insgesamt haben wir also eine große Anzahl zusätzlicher Professuren, die das Land zur Verfügung stellt, oder die von der Uni Trier im Wettbewerb mit anderen Hochschulen erzielt werden. Das zeigt, dass die Universität über eine gute Zukunftsstrategie verfügt.

Trier will noch internationaler werden. Was tut das Land, um sich international auf bedeutenden Messen als Hochschulstandort zu präsentieren?

WOLF Internationalität ist eine große Chance. Die Welt wird noch schneller zusammenwachsen, gerade im wissenschaftlichen Bereich. Trier ist als Teil der Universität der Großregion gut aufgestellt. Hier ist sehr viel passiert. Aber natürlich ist die Nähe zu Luxemburg ein Vorteil. Diese Chancen muss man nutzen. Der Anteil der ausländischen Studierenden wird weiter steigen.

Wie ist Ihre konkrete Einschätzung dafür? Insgesamt ist in Trier der Anteil der Studierenden aus der Region doch relativ groß.

WOLF Ich will keine Zahl nennen. Natürlich ist der Anteil in den technologischen Disziplinen deutlich höher als in den Geisteswissenschaften. Die Zahl alleine ist aber nicht entscheidend. Wichtiger sind die Kooperation und die internationale Vernetzung.

Noch einmal zurück zur Frage: Was kann das Land tun, um die Internationalität zu stärken?

WOLF Bei den Umweltwissenschaften hat das Land eine Kooperation mit Luxemburg auf den Weg gebracht im Bereich der Nationalparkforschung. Wir unterstützen die Universität auch über die Forschungsinitiative. Dabei schlägt die Universität ein Thema vor. Und in Abstimmung mit uns entwickeln wir ein Förderprogramm, das die Basis ist für weitere Förderprogramme auf Bundes- oder EU-Ebene. Das Land stimmt seine Wissenschaftspolitik also mit den Universitäten ab und unterstützt sie, wo es sinnvoll ist.

Aber Standort-Marketing ist doch auch ein wichtiges Thema?

WOLF Natürlich wollen die jungen Menschen wissen, wo sie studieren können. Gerade dafür sind ein klares Profil und Kooperationspartner wichtig. Die Werbung um die Studierenden muss über die wissenschaftlichen Disziplinen erfolgen.

Viele Bundesländer haben große Digitalisierungsprogramme für ihre Hochschulen aufgelegt: Berlin, Bayern, NRW, Hessen, Baden-Württemberg, Niedersachsen … Warum fehlt Rheinland-Pfalz in dieser Liste?

WOLF Wir gehen in Rheinland-Pfalz seit vielen Jahren den Weg, dass wir nicht Themen setzen, sondern diee gemeinsam mit den Hochschulen im Rahmen von Förderprogrammen erarbeiten. Das halte ich für erfolgreich und richtig. Unser größtes Förderprogramm ist mit 20 Millionen Euro die Forschungsinitiative. Darin sind letztlich auch die Themen im Bereich Digitalisierung hinterlegt.

Das Hochschulfinanzierungssystem ist enorm komplex und für Außenstehende nur schwer verständlich. Können Sie uns helfen, es unseren Leserinnen und Lesern in aller Kürze verständlich zu machen?

WOLF Es gibt drei Säulen. Die erste Säule ist die Basisfinanzierung über den Landeshaushalt. Das ist die Grundsäule.

Für die Universität Trier sind das knapp 100 Millionen Euro jährlich.

WOLF Ja. Die zweite Säule sind Sonderfinanzierungen, zum Beispiel über die Forschungsinitiative. Hinzu kommen Mittel auch dem Hochschulpakt von Bund und Land. Die Drittmittel als dritte Säule sind von der Hochschule eingeworbene Mittel. In der Regel sind das Forschungsanträge oder auch -aufträge. Das ist der Bereich, der in der Regel nicht unmittelbar mit dem Land verknüpft ist.

Gerade die Mittel aus dem Hochschulpakt waren bislang stark an der Zunahme der Studienanfänger gekoppelt. Das verändert sich nun etwas.

WOLF Der Hochschulpakt ist verstetigt worden. Bund und Land geben jährlich jeweils 70 Millionen Euro dafür. Mit der neuen Regelung verstetigen wir die Mittel für die Zuwächse in den vergangenen Jahren. Ein Teil der Mittel ist aber auch für Innovationen vorgesehen. Die Universität Trier wird in den kommenden fünf Jahren dadurch insgesamt fünf Millionen Euro zusätzlich bekommen. Hinzu kommen natürlich die bereits genannten zusätzlichen Professuren, die nicht im Hochschulpakt angelegt sind.

Die Opposition wirft dem Land vor, dass im Landeshaushalt und im Hochschulpakt zum Teil identische Personalkosten verrechnet sind.

WOLF Das ist definitiv nicht so. Sie müssen sich das vorstellen wie die Mosel und ihre Zuflüsse. Die Mosel ist der große Strom, also die Grundfinanzierung. Die Wettbewerbsprogramme und der Hochschulpakt sind zusätzliche Zuflüsse. Die Geldflüsse lassen sich addieren. Insgesamt hat das Land deutlich mehr Geld für die Universitäten und Hochschulen bereitgestellt als in den Jahren davor.

 Wissenschaftsminister Konrad Wolf im Redaktionsgespräch mit Chefredaktuer Thomas Roth (rechts) und Chefreporter Rainer Neubert (links). Mit am Tisch: Ministeriumssprecher Markus Nöhl.

Wissenschaftsminister Konrad Wolf im Redaktionsgespräch mit Chefredaktuer Thomas Roth (rechts) und Chefreporter Rainer Neubert (links). Mit am Tisch: Ministeriumssprecher Markus Nöhl.

Foto: Harald Jansen
 Wissenschaftsminister Konrad Wolf im Redaktionsgespräch mit Chefredaktuer Thomas Roth (rechts) und Chefreporter Rainer Neubert (links). Mit am Tisch: Ministeriumssprecher Markus Nöhl.

Wissenschaftsminister Konrad Wolf im Redaktionsgespräch mit Chefredaktuer Thomas Roth (rechts) und Chefreporter Rainer Neubert (links). Mit am Tisch: Ministeriumssprecher Markus Nöhl.

Foto: Harald Jansen
 Wissenschaftsminister Konrad Wolf im Redaktionsgespräch mit Chefredaktuer Thomas Roth (rechts) und Chefreporter Rainer Neubert (links). Mit am Tisch: Ministeriumssprecher Markus Nöhl.

Wissenschaftsminister Konrad Wolf im Redaktionsgespräch mit Chefredaktuer Thomas Roth (rechts) und Chefreporter Rainer Neubert (links). Mit am Tisch: Ministeriumssprecher Markus Nöhl.

Foto: Harald Jansen
 Wissenschaftsminister Konrad Wolf im Redaktionsgespräch mit Chefredaktuer Thomas Roth (rechts) und Chefreporter Rainer Neubert (links). Mit am Tisch: Ministeriumssprecher Markus Nöhl.

Wissenschaftsminister Konrad Wolf im Redaktionsgespräch mit Chefredaktuer Thomas Roth (rechts) und Chefreporter Rainer Neubert (links). Mit am Tisch: Ministeriumssprecher Markus Nöhl.

Foto: Harald Jansen
 1700 junge Menschen haben zum Wintersemster 2019/2020 an der Universität Trier ihr Studium begonnen. Insgesamt studieren 12 500 Menschen an der größten Forschungs- und Bildungseinrichtung der Region, die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert.

1700 junge Menschen haben zum Wintersemster 2019/2020 an der Universität Trier ihr Studium begonnen. Insgesamt studieren 12 500 Menschen an der größten Forschungs- und Bildungseinrichtung der Region, die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert.

Foto: Rainer Neubert

50 Jahre Universität bedeutet auch 50 Jahre Wissenschaftsstandort Trier. Dazu gehört auch die Hochschule.

WOLF Ziel der Landesregierung ist es in allen Regionen und Städten die Breite der wissenschaftlichen Disziplinen abzudecken. In Trier erreichen wir das mit der Universität und der Hochschule gemeinsam. Das bedeutet Zukunftssicherung für die Stadt Trier und die Region durch die Fachkräfte, die hier qualifiziert werden. Zudem ist die Region Teil des gesamten Forschungs- und Entwicklungsszenarios in dieser Wissenschaftsgesellschaft. Eine Region, die das nicht bieten kann, hat ein echtes Problem. Trier ist ganz ausgezeichnet aufgestellt.

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