Landtagswahl Freie Wähler: Ein gutes Gefühl und reichlich Gründe zum Feiern

Trier · Der Partei um Spitzenkandidat Joachim Streit dürfte – nach etlichen vergeblichen Versuchen – der Einzug in den Landtag gelungen sein. Was sind die Gründe?

 Zieht in den Landtag ein:  Der Spitzenkandidat der Freien Wähler, Joachim Streit.

Zieht in den Landtag ein:  Der Spitzenkandidat der Freien Wähler, Joachim Streit.

Foto: dpa/Arne Dedert

Die Freien Wähler um ihren Spitzenkandidaten Joachim Streit zählen zweifelsohne zu den Gewinnern der Landtagswahl – auch wenn der erstmalige Einzug in den rheinland-pfälzischen Landtag am Sonntagabend zunächst noch etwas auf der Kippe stand. Da half nur eine gute Portion Optimismus.

An Zuversicht hat es den rheinland-pfälzischen Freien Wählern nie gemangelt. Als die Partei vor fünf Jahren zur Landtagswahl antrat, freute sich Landesvorsitzender Stephan Wefelscheid am Ergebnis einer freilich selbst in Auftrag gegebenen Umfrage. Damals konnte sich angeblich jeder vierte Befragte vorstellen, die Freien bei der Landtagswahl zu wählen. Klang gut, hatte am Ende nur mit der Realität wenig zu tun. Mit 2,2 Prozent schnitten die Freien Wähler 2016 sogar noch einen zehntel Prozentpunkt schlechter ab als fünf Jahre zuvor.

Gemessen an diesen Vorzeichen lief es für die Freien dieses Mal wie am Schnürchen – und das nicht nur in den Umfragen. Dabei hatten die Erhebungen der Meinungsforschungsinstitute schon seit Mitte Februar die Richtung angezeigt, in die es für die Freien Wähler bei der Landtagswahl 2021 gehen würde: bergauf. Stagnierte die Partei zuvor in Umfragen bei drei Prozent, bewegten sich die Zahlen plötzlich kontinuierlich zwischen vier und fünf Prozent.

Parallel dazu kletterte auch das Selbstbewusstsein der Freien-Politiker. Ein halbes Dutzend Mal forderten Wefelscheid & Co. beim SWR-Fernsehen die Teilnahme an der sogenannten Elefantenrunde ein, bis die Sendeleitung wenige Tage vor der Ausstrahlung plötzlich einlenkte und den Spitzenkandidaten Joachim Streit doch noch einlud. Der rhetorisch versierte Bitburg-Prümer Landrat nutzte die Gunst der anderthalb Stunden und präsentierte sich und die Freien in der Wahlsendung als starke kommunale Stimme. Ob das am Ende den Ausschlag gegeben hat für das gute Abschneiden am Wahltag?

Der Spitzenkandidat glaubt, dass die Freien Wähler im wegen der Corona-Pandemie doch ziemlich ungewöhnlichen Wahlkampf vieles richtig gemacht haben. „Durch die Landesliste haben wir unter uns Freien Wählern einen Korpsgeist erzielt“, sagt der 55-Jährige am Sonntagabend in einer ersten Stellungnahme. Die Mitglieder hätten sich hinter ihm als Spitzenkandidat versammelt; viele Online-Meetings, zu denen er in den zurückliegenden Wochen eingeladen worden sei, hätten dies gezeigt. Außerdem, so Streit, „sind wir durch die Großplakate kampagnenfähig geworden“.

Bei den Freien Wählern klappte es dieses Mal also offensichtlich mit der Mobilisierung der eigenen Leute. Aber auch programmatisch schlugen die bislang in Rheinland-Pfalz nur auf kommunaler Ebene erfolgreichen Politiker den richtigen Ton an. Es ging um kommunale Finanzen, die Gesundheitsversorgung auf dem Land oder bessere Öffnungsperspektiven für kleine Unternehmen in Zeiten der Pandemie. Alles Themen, die die Freien demnächst auch im Mainzer Landtag auf die Tagesordnung bringen wollen, wie Generalsekretär Lennart Siefert am Sonntagabend ankündigte.

Sollten den Freien Wählern die Premiere gelungen sein, braucht der Eifelkreis Bitburg-Prüm bald einen neuen Landrat. Mit der Konstituierung des neuen Landtags Mitte Mai wird Spitzenkandidat Joachim Streit nach Mainz wechseln, nachdem es in seinem ersten Anlauf vor zehn Jahren nicht geklappt hat.

Apropos Umfragen und das Bauchgefühl von Politikern: In einem Punkt hat sich auch der so erfolgsverwöhnte Freien-Spitzenkandidat vertan. Mit seiner vor der jetzigen Landtagswahl gemachten Aussage, „ich spüre, es werden acht bis neun Prozent“, lag am Ende auch Joachim Streit ein wenig daneben. Er wird’s verschmerzen.

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