Feuerwehreinsatz Blick in die Geschichte: Test-Drehleiter verhinderte in Bernkastel-Kues Schlimmeres

Bernkastel-Kues · Bei einem ganz besonderen Feuerwehreinsatz wurde 1984 in Bernkastel-Kues eine Katastrophe verhindert. Dabei kam ein Gerät zum Einsatz, das nur zufällig dort war. Nachzulesen ist die Geschichte bald in einer Chronik.

 Über den Dächern der Bernkasteler Altstadt kam erstmals eine Drehleiter zum Einsatz. Sie gehörte nicht zum Fuhrpark der dortigen Feuerwehr.

Über den Dächern der Bernkasteler Altstadt kam erstmals eine Drehleiter zum Einsatz. Sie gehörte nicht zum Fuhrpark der dortigen Feuerwehr.

Foto: TV/privat

Es gibt Geschichten, die könnte ein Autor oder Regisseur nicht besser erfinden. Eingang findet eine solche in die Chronik „50 Jahre Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues“, die im März erscheint. Wie berichtet, arbeitet ein Redaktionsteam der VG-Verwaltung zusammen mit dem Grafiker Thomas Lutz an ihr. Sie ist Ersatz für einen Festakt, mit der im November 2020 an das halbe Jahrhundert erinnert werden sollte. Wegen Corona wurde er gestrichen.

 Die Ortsgemeinden und die Stadt Bernkastel-Kues wurden stattdessen gebeten, markante Ereignisse der vergangenen 50 Jahre zusammenzustellen. Wichtige Quellen sind außerdem das umfangreiche Archiv des Anfang 2017 verstorbenen Helmut Theis, der unter dem Kürzel tz bekannt ist, und die Medien wie der Trierische Volksfreund.

In diesem, und das ist der Anfang der besonderen Geschichte, wurde am 12. Juli 1984 über einen Brand im Kloster zur Heiligen Familie im Stadtteil Bernkastel und den Feuerwehreinsatz berichtet. An vorderster Stelle dabei war Rudi Lieser – der damalige Stadtwehrführer. Der TV hat sich von dem Zeitzeugen das Zustandekommen und den Ablauf des besonderen Einsatzes am 10. Juli 1984 erzählen lassen.

Damals gab es in der VG Bernkastel-Kues kein Feuerwehrauto mit einer integrierten und maschinell ausfahrbaren Leiter. „Es gab nur Leitern, die in einem Anhänger mitgeführt wurden und per Hand hochgekurbelt werden mussten“, erinnert sich Rudi Lieser. Sie seien höchstens 18 Meter lang gewesen, die Wehrleute mussten hochklettern. In den zum Teil eng bebauten Orten der VG und in der Altstadt von Bernkastel galt: Sollte ein Feuer nicht schnell bemerkt werden, kann es zur Katastrophe kommen.

Am 10. Juli 1984 trafen sich Feuerwehrexperten der VG, an der Spitze der Brandausschuss und Wehrleiter Kurt Thomas, um ein Fahrzeug zu begutachten. Es verfügte über eine 30 Meter lange mechanisch ausfahrbare Leiter. An ihrer Spitze befand sich ein Korb, in dem mehrere Personen Platz fanden. Sie konnten am Boden einsteigen und wurden dann in die Höhe befördert. Rudi Lieser erinnert sich. Zuerst führten Vertreter der Herstellerfirma aus Ulm das Fahrzeug am Krankenhaus und am Hotel Drei Könige vor – beides mehrstöckige Gebäude. Die Leiter habe dort ihre Tauglichkeit bewiesen, erzählt Lieser.

Anschließend ging es zum Bernkasteler Marktplatz, dem Herz der Altstadt. Kaum angekommen, sei eine Rauchsäule über den Dächern aufgestiegen, und die Sirenen seien ertönt. Bei Arbeiten, das ermittelte die Polizei, war das Dachgeschoss des zu der Zeit leer stehenden und im Volksmund als Klösterchen bekannten Gebäudes in Brand geraten. 70 Wehrleute eilten herbei.

Jeder vor Ort wusste: Die zum Ort des Geschehens führende enge Mandatstraße ist der natürliche Feind jedes Feuerwehrautos. In dem Augenblick sei nicht viel geredet, sondern schnell gehandelt worden, sagt Lieser. Der Standort des Vorführfahrzeugs wurde ein paar hundert Meter weiter in die Burgstraße verschoben.

Aus der Probe wurde Ernst. Die Leiter wurde über die Dächer von zwei aneinander gebauten Fachwerkhäusern ausgefahren.

Die Wehrleute hatten von dort den besten Überblick auf das verwinkelte Klösterchen und wussten, wohin sie das Rohr richten mussten. Über die große Treppe am Doppelkreuz und die Mandatstraße wurden zudem Schläuche gelegt. Das Wasser kam aus dem unter der Altstadt fließenden Tiefenbach.

Die Experten waren sich einig: Ohne den Einsatz der Leiter wäre das Klösterchen – wie 1857 schon einmal – vollständig abgebrannt. So blieb es bei einem Schaden von 150 000 bis 200 000 Mark. Im Trierischen Volksfreund stand, dass dies der „Drehleiter auf Probe“ zu verdanken war.

Die Geschichte taugt für ein Drehbuch. Vor Ort wurde Rudi Lieser mit dem Zufall, der es ja war, mehrfach konfrontiert: „Mehrere Leute haben gesagt, das hast du geschickt eingefädelt“, sagt er schmunzelnd. Eines war klar: Ein solches Fahrzeug musste her. Es wurde bestellt und im Februar 1985 in Ulm abgeholt.

 Beim Brand des „Klösterchens“ 1984 bekämpften Einsatzkräfte das Feuer auch vom sogenannten Doppelkreuz aus. Damit allein wäre das Gebäude wohl nicht gerettet worden.

Beim Brand des „Klösterchens“ 1984 bekämpften Einsatzkräfte das Feuer auch vom sogenannten Doppelkreuz aus. Damit allein wäre das Gebäude wohl nicht gerettet worden.

Foto: TV/privat

Wer diese und andere Geschichten nachlesen will: Die Chronik wird in Zehn-Jahres-Abschnitten im Mitteilungsblatt der VG Bernkastel-Kues veröffentlicht. Nach Auskunft von Bürgermeister Leo Wächter wird sie aber auch in Buch- oder Magazinform angeboten werden.

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