Hottenbacher Pfarrer an den Pranger gestellt

Vor 500 Jahren wurde der Reformator Calvin geboren - er gilt als Vater der reformierten Kirche. Seine Lehre hatte und hat auch Auswirkungen auf den Hunsrück.

Hunsrück. Entscheidend für die Ausbreitung des Calvinismus auf dem Hunsrück war der Gesinnungswandel des lutherischen Kurfürsten Friedrich III. von der Pfalz. 1563 erschien der Heidelberger Katechismus als Teil der neuen pfälzischen Kirchenordnung. Damit war der Übertritt ins reformierte Lager endgültig vollzogen. Von Heidelberg aus führte Friedrich den Calvinismus zuerst in der Kurpfalz und danach im Amt Kreuznach ein.

Auf dem Hunsrück musste er auf seine lutherisch gebliebenen Brüder, die Herzöge Georg und Reichard von Simmern, Rücksicht nehmen. So wurde das reformierte Bekenntnis im Herzogtum Simmern und im Amt Kirchberg erst kurz vor 1600 eingeführt. 1588 trat auch Herzog Johann I. von Pfalz-Zweibrücken zum Calvinismus über. Die Mehrheit der Gemeinden im heutigen Kreis Birkenfeld war von der "Zweiten Reformation" nicht betroffen. Sie gehörten zu lutherischen Herrschaftsgebieten: der Hinteren Grafschaft Sponheim, der Wild- und Rheingrafschaft und der Reichsherrschaft Oberstein. Im Süden grenzte das pfalz-zweibrückische Oberamt Lichtenberg an die Pfarreien Baumholder, Berschweiler, Ellweiler, Achtelsbach und Wolfersweiler (heute Saarland). Reformiert waren zeitweise auch Weierbach, Nahbollenbach und Schmidthachenbach als Teil des vordersponheimischen Amtes Naumburg sowie die zum Amt Kirchberg gehörige Pflege Hottenbach. Da gemäß dem Augsburger Religionsfrieden der Landesherr über die Konfession seiner Untertanen bestimmte, mussten Gemeindeglieder und Pfarrer den Bekenntniswechsel mitvollziehen. Das verlief nicht immer reibungslos: Als Pfalz-Zweibrücken 1588 reformiert wurde, verlor in Baumholder Jakob Telonius seine Pfarrstelle. In Achtelsbach ersetzte man den lutherischen Pfarrer Wigand Schwab durch Nikolaus Groß. Daraufhin gingen die Gemeindeglieder aus den hintersponheimischen Orten Abentheuer und Traunen zum lutherischen Gottesdienst nach Birkenfeld, die aus den hunolsteinschen Dörfern nach Sötern. In Hottenbach, das nach 1600 "der reformirten weiß nit Lutherisch oder Calvinisch religione" war, ließ man den Pfarrer Laurentius Diekircher im Januar 1609 verhaften und nach Kirchberg führen. Dort warf man ihn solange in den Turm, bis er auf seine Stelle verzichtete. Als er noch einmal den Hottenbacher Pfarrhof betrat, wurde er herausgeschleift und "mit abstrickung nöttiger Leibs Alimenten" an den Pranger gestellt. Diekircher starb wenig später an den Folgen der Kälte. Sein reformierter Nachfolger hatte es auch nicht leicht: Die übrigen drei Hottenbacher Ortsherren waren lutherisch oder katholisch und sperrten ihm das Gehalt. Damals war die Feindschaft zwischen Lutheranern und Reformierten sogar größer als gegenüber den Katholiken. Auch im Dreißigjährigen Krieg litten die reformierten Prediger, deren Bekenntnis reichsrechtlich nicht geschützt war, große Not. Hottenbach kehrte zum Luthertum zurück. Der Weierbacher Pfarrer Valentin Heimbacher wurde 1626 von den Spaniern ausgewiesen. Pfarrer Friedrich Göler aus Kreuznach hatte 1625 in Baumholder eine neue Wirkungsstätte gefunden. Später löste sich die konfessionelle Geschlossenheit in den Kleinstaaten immer mehr auf: Die Kriege Ludwigs XIV. von Frankreich führten zur Neugründung katholischer Gemeinden. Die Könige von Schweden, die um 1700 das Herzogtum Zweibrücken regierten, begünstigten die Lutheraner. So entstand in Baumholder eine lutherische Diasporagemeinde. Dort diente die 1750 eingeweihte Christianskirche allen drei Konfessionen als Simultankirche. Im 19. Jahrhundert kam es zur Vereinigung von Lutheranern und Reformierten. Den Anfang machte 1817 die preußische Rheinprovinz. Es folgte das inzwischen sachsen-coburgische Fürstentum Lichtenberg, wo von 2695 befragten Familienvätern nur 21 gegen die Union stimmten. 1820 fand in Baumholder das Vereinigungsfest statt. Im Fürstentum Birkenfeld wurde die Union erst 1843 vollzogen. Hier leisteten die lutherischen Kirchspiele lange Widerstand.

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