"Realität am Markt hat uns eingeholt"

Die prekäre Situation auf dem Fassweinmarkt der Mosel stand gestern Mittag beim Bauern- und Winzertag in Zell im Mittelpunkt. Binnen eines halben Jahres hat sich der Preis für Moselweine halbiert, die die Winzer als Fassware an Kellereien ver kaufen. Vertreter von Kellereien und der Winzergenossenschaft Moselland eG machen für diese Entwicklung vor allem die zu starken Preiserhöhungen in den Jahren 2007/08 verantwortlich.

 Aus einem Transporter wird Wein in eine Kellerei gepumpt. Noch immer wird ein großer Teil des Moselweins als Fasswein vermarktet. Dessen Preis ist jedoch stark gesunken. TV-Foto: Archiv/Winfried Simon

Aus einem Transporter wird Wein in eine Kellerei gepumpt. Noch immer wird ein großer Teil des Moselweins als Fasswein vermarktet. Dessen Preis ist jedoch stark gesunken. TV-Foto: Archiv/Winfried Simon

Zell. "Keiner hat diese Entwicklung vorhergesehen. Alle waren euphorisch." Das sagte gestern Mittag Johannes Hübinger, Inhaber der Zeller Weinkellerei Zimmermann Graeff & Müller, auf dem Bauern- und Winzertag in Zell.

Damit sprach er die aktuelle Situation auf dem Fassweinmarkt an der Mosel an. Seit August/September 2008 hat sich der Fassweinpreis halbiert. Ein Liter fertiger Wein kostet inzwischen weniger als 80 Cent. Und obwohl seine Kellerei nun wesentlich günstiger Wein einkaufen kann, ist Hübinger keinesfalls froh über diese Entwicklung. Die zu schnellen Preissteigerungen um bis zu 50 Prozent für Mosel-Fassweine in den Jahren zuvor habe nämlich dazu geführt, dass viele Großkunden aus dem Lebensmittelhandel und die Discounter nun verstärkt in Rheinhessen und in der Pfalz einkaufen.

"Steillagen sind das Rückgrat der Mosel"



Ein Problem, mit dem auch die Genossenschaft Moselland eG Bernkastel zu kämpfen hat, wie deren Vorstandsvorsitzender Werner Kirchhoff erläuterte. Die Fasswein-Preiserhöhungen sind nach seinen Worten 1:1 auf den Verkaufspreis aufgeschlagen worden.

Die Folge: Seit Monaten greifen die Käufer in den Supermärkten weniger zu Moselwein, auch deshalb, weil die Regalplätze an andere Weinbaugebiete vergeben wurden. Außerdem: Der Weinmarkt ist international, andere Weinbauländer drängen mit großen Mengen und günstigen Preisen auf den deutschen Markt. Kirchhoff: "Die Realität am Markt hat uns eingeholt."

Was ist zu tun? Patentrezepte können weder Hübinger noch Kirchhoff vorlegen, und keiner von beiden kann sagen, wie sich der Fassweinpreise in den kommenden Monaten entwickeln werden. Beide sind aber der Meinung, dass man versuchen müsse, die am Markt schädlichen enormen Preissprünge in den Griff zu bekommen.

Mehr Winzer in die Genossenschaft wünscht sich Kirchhoff, und Hübinger plädiert für Abnahmeverträge zwischen Kellereien und Winzern. Ferner wünscht sich Hübinger, dass sich die Weinbau-Verbandsvertreter stärker um die Fasswein- und Traubenerzeuger kümmern müssten.

Weinbaupräsident Adolf Schmitt sieht eine große Mitschuld der Misere bei den Kellereien. Die Moselwinzer hätten in den vergangenen Jahren das Image des Rieslings aufbaut - andere würden nun davon profitieren. Die Mosel-Steil lagen seien das Rückgrat der Mosel. Für dort gewachsene Weine, sagt Adolf Schmitt, müssten Qualitätskriterien definiert werden.

Davon hält aber Johannes Hübinger nicht viel. Zu viele gesetzliche Einschränkungen seien keine Lösung.

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