Klimawandel Auf der Suche nach dem perfekten Baum

Trier · Die Förster sind überzeugt, dass der Trierer Stadtwald in Zukunft eine ganz andere Bedeutung haben wird als heute. Doch er ist in Gefahr.

 Die vergangenen beiden Jahre haben dem Wald zugesetzt. Abgestorbene Fichten, die die Trockenheit nicht überstanden haben, sind keine Seltenheit.

Die vergangenen beiden Jahre haben dem Wald zugesetzt. Abgestorbene Fichten, die die Trockenheit nicht überstanden haben, sind keine Seltenheit.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Da, wo es vor einigen Monaten noch gefährlich trocken knisterte, schmatzt der Waldboden nun saftig nass. Bis zu einer Tiefe von 1,80 Metern ist er nach dem vielen Regen mit Wasser gesättigt. „Die Startsituation ist gut“, sagt der Trierer Forstamtsleiter Gundolf Bartmann. Zumal dank der Feuchtigkeit bei milden Temperaturen gute Chancen bestehen, dass die Brut des Borkenkäfers von Pilzen befallen wird und einfach verschimmelt.

Ein weiteres Katastrophenjahr ist für den Forst 2020 dennoch gut möglich. Noch immer sind „extrem viele Käfer im Wald“. Von einer befallenen Fichte aus fressen sie sich durch 20 weitere hindurch. Da ist die Zerstörung schnell groß. Im Vergleich zu anderen Forstämtern ist Trier seit 2018 dennoch recht glimpflich davongekommen. „Nur“ 70 000 Bäume starben durch Hitze, Krankheiten und Borkenkäfer. Das liegt laut Bartmann insbesondere daran, dass die Römerstadt schon seit 50 Jahren auf Mischwald setzt. Auf nur 15 Prozent der Waldfläche stehen Fichten. Und Bartmann ist überzeugt, dass der Prozentsatz in Zukunft auf Null sinken wird. Nicht bloß in Trier, sondern im gesamten Moseltal.

Die perfekte Baumart, die mit den – so Bartmann – immer öfter auftretenden „brutalen Hitzewellen“ zurechtkommt, gebe es nicht. Die Förster bauen daher vor allem auf bereits vorhandene Bäume, die den Klimawandel bislang einigermaßen gut weggesteckt haben. Da, wo nach Kahlschlägen oder Stürmen große Freiflächen entstanden sind, pflanzen sie lichtliebende Arten wie Eiche, Douglasie, Bergahorn, Kiefer oder Lärche. Unter bereits vorhandene Bestände setzen sie Buchen und Tannen. Und für die Insekten gibt es hier und da eine Linde oder Robinie. „An so was hätte vor 20 Jahren keiner gedacht“, sagt Bartmann lachend. Auch Experimente mit Exoten wie der Libanonzeder sind geplant. Bis man weiß, ob die rund um Trier gut gedeiht und wie stark sich die globale Temperatur wirklich erhöht, vergehen allerdings viele Jahrzehnte. Doch die Zeit drängt.

„Sofortiges Handeln ist nötig“, sagt Bartmann. Mit einem Aktionstag am 21. März (siehe Extra) wollen das Forstamt und die lokale Agenda 21 die Aufmerksamkeit wieder stärker auf das Thema Klimawandel lenken. Wenn die Temperatur um zwei Grad steige, dann könne man die natürlichen Waldgesellschaften noch anpassen. „Bei fünf Grad geht es nicht mehr um die Frage, ob wir Buche oder Kiefer pflanzen, sondern ob wir überhaupt noch einen Wald haben“, sagt Bartmanns Kollege Lucas Landenberg.

Was ist denn mit der Kastanie, die doch rund um Trier gut gedeiht? Den Experten zufolge ist diese Südländerin tatsächlich in der Lage, höhere Temperaturen zu überleben. Bei Förstern ist sie bisher nicht so beliebt, da sie nicht so schön gerade wächst wie andere Baumarten. Bartmann glaubt, dass der Wert des Waldes – gerade in der Umgebung von Städten wie Trier – in Zukunft ohnehin nicht mehr in Festmetern Bauholz bestimmt wird. Bäume müssen bei Starkregen Hänge festhalten, sie müssen Wasser speichern, „und wir brauchen den Wald als natürliche Klimaanlage“, sagt Bartmann. Trier brauche die Kaltluft, die im Sommer aus dem Hochwald den Berg hinabströme. Der Forstamtschef ist überzeugt, dass Stadtwälder künftig eine andere Bedeutung haben werden als heute. Weil sie dem Menschen neben Holz und Erholung auch Schutz bieten.

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