Windkraft Schwarzstorch stoppt Windkraft-Planung in der VG Kell am See

Heddert/Kell am See · Weil es einen Vogelhorst bei Mandern gibt, müsste der Verbandsgemeinderat Kell seinen Windkraft-Plan noch einmal ändern. Dafür bleibt vor der Fusion aber nicht mehr genug Zeit. Jetzt ist das neue Gremium Saarburg-Kell gefragt.

 Ein Schwarzstorch fliegt am Himmel über Brandenburg. Bei Mandern im Hochwald hat das Forstamt einen Horst des geschützten Vogels entdeckt. Das hat weitreichende Konsequenzen für die Windkraftplanung der Verbandsgemeinde Kell am See.

Ein Schwarzstorch fliegt am Himmel über Brandenburg. Bei Mandern im Hochwald hat das Forstamt einen Horst des geschützten Vogels entdeckt. Das hat weitreichende Konsequenzen für die Windkraftplanung der Verbandsgemeinde Kell am See.

Foto: picture alliance / dpa/Patrick Pleul

Es ist für die Mitglieder des Verbandsgemeinderats Kell am See eine schmerzhafte Erkenntnis. Aber der Rat musste in seiner Sitzung in Heddert einsehen, dass er seine jahrelange Arbeit an dem Plan für künftige Windkraftflächen nicht mehr vollenden kann. Den Hintergrund erläuterte Bürgermeister Martin Alten (CDU). „Wir hatten das ehrgeizige Ziel, unsere Planung bis Jahresende vor der Fusion mit der VG Saarburg abzuschließen. Das hätten wir aber nur erreichen können, wenn keine weitere Offenlegung nötig wäre.“

Das Problem Aber genau das ist der Fall. Der Plan war öffentlich ausgelegt worden, damit Behörden, betroffene Institutionen und Privatleute mögliche Einwände vorbringen konnten. Vorgesehen waren laut Entwurf zwei Flächen bei Greimerath, eine in der Manderner Rodung und zwei kleinere bei Kell  und am Dreikopf. Ein Hinweis des Forstamts, sagte Alten, erfordere nun jedoch eine gravierende Änderung: „Es gibt einen Schwarzstorchhorst in der Nähe der Manderner Rodung, der uns im Frühjahr noch nicht bekannt war.“ Ein einzuhaltender Schutzradius von 1000 Metern führe dazu, dass die etwa 70 Hektar große Windkraftfläche um 16 Hektar verkleinert werden müsse, erklärte Reinhold Hierlmeier vom Trierer Planungsbüro BGHPlan. Durch die Änderung müsste der Entwurf erneut öffentlich ausgelegt werden, das Verfahren wäre daher vor dem Jahreswechsel nicht mehr abzuschließen.

Weitere Einwände Laut Hierlmeier gab es zudem weitere Einwände, die zu beachten wären. Die Kreisverwaltung Trier-Saarburg habe ein zusätzliches Gutachten zur Auswirkung der Windräder auf das Landschaftsbild im Naturpark Saar-Hunsrück gefordert. Eine ähnliche Untersuchung hatte auch die VG Hermeskeil vor einiger Zeit nachliefern müssen. Laut Hierlmeier würde der Zeitaufwand dafür sieben bis acht Wochen betragen. Die geplante Erweiterung des Windparks am Dreikopf könnte wegen massiver Einwände aus Steinbachweier und von Naturschutzverbänden nicht weiterverfolgt werden. Der Greimerather Ortsbürgermeister Edmund Schmitt (FWG) erkundigte sich nach einem am Schneeberg gesichteten Rotmilan. Hierlmeier sagte, diesbezüglich gelte ein 1500-Meter-Schutzabstand, der allerdings durch weitere Analysen des Flugverhaltens reduziert werden könne. Eine endgültige Aussage sei dazu derzeit nicht möglich.

Die Perspektiven „Eigentlich ist nun alles wertlos, was wir bislang gemacht haben“, bilanzierte VG-Chef Alten. Allerdings gebe es eine Möglichkeit, die im Frühjahr noch nicht bekannt gewesen sei. Mit Vertretern der Landesregierung habe man vor wenigen Tagen in Mainz zusammengesessen. Das Ergebnis: Auch nach der Fusion kann der neue VG-Rat Saarburg-Kell die Flächennutzungsplanung Windkraft nur für den Teilraum der jetzigen VG Kell fortschreiben. Es müssten dafür allerdings neue Beschlüsse gefasst werden, und es könnten auch neue Kriterien zur Auswahl der Flächen bestimmt werden. Alle verfügbaren Planungsunterlagen könne man dem neuen Rat zur Verfügung stellen, sagte Alten. Die Saarburger werden für ihr Gebiet voraussichtlich bis Ende 2018 einen eigenen Plan verabschiedet haben.

Die Diskussion Im Rat kochten die Emotionen hoch. Vertreter von CDU und SPD wiesen sich gegenseitig die Schuld an der vorerst gescheiterten Planung zu. Die SPD hatte sich jahrelang für zwei Windkraftflächen bei Zerf und Waldweiler in der Naturpark-Kernzone eingesetzt, die von der CDU kritisch gesehen wurden und letztendlich im Frühjahr 2018 an Vorgaben der Landesregierung gescheitert waren. Im Juni hatte die VG Kell ihren Planentwurf deshalb komplett umkrempeln müssen (der TV berichtete mehrfach).

Jörg Stein (SPD) stellte die provokante Frage, ob eine Inkompetenz beim Rat oder beim Planer vorliege, wegen der man nach acht Jahren nun keinen Plan zustandebringe. Diese Vorwürfe wies der VG-Chef zurück. Hierlmeier habe den Rat „stets sachlich und gut beraten“. Letztlich seien die „permanent geänderten Landesvorgaben und nicht beschiedene Anträge“ Hauptgrund für das Scheitern. Markus Lehnen (CDU) betonte, dass der Rat stets „unter den jeweiligen Restriktionen die effizienteste Lösung“ gesucht habe. Für ihn sei aber eine „Verhältnismäßigkeit“, was den Einsatz von Zeit und Geld betreffe, nicht mehr gegeben, „wenn jetzt ein Schwarzstorch alles einfach über den Haufen werfen kann“. Wie viel die VG bislang in die Planung investiert hat, konnte Verwaltungsmitarbeiter Michael Stüber nicht exakt beziffern. Für diverse Gutachten sei aber ein „sechsstelliger Betrag“ geflossen.

Christel Martin (SPD) sagte, sie habe „viele Kröten geschluckt, um noch einen Plan hinzukriegen“. Inzwischen habe sie aber Zweifel an der Glaubwürdigkeit einiger Informationen, „die hier vorgetragen wurden, um Beschlüsse herbeizuführen“. Bei der Bürgerversammlung in Greimerath, das besonders stark durch zwei geplante Gebiete betroffen wäre, habe man den Menschen suggeriert, sie sollten keine Einwände vorbringen. Denn dann gebe es bis Jahresende keinen Plan, und in der neuen VG müsse alles von vorn aufgerollt werden. Dazu sagte Stüber: „Im Frühjahr hatten wir die Info, dass wir dann für die gesamte VG Saarburg-Kell noch mal rangehen müssten. Das ist zum Glück nicht so.“

Da nun definitiv in der VG Kell kein Plan mehr rechtskräftig wird, greift laut Stüber die Privilegierung für Windräder im Außenbereich. Betreiber können Anlagen überall dort beantragen, wo es keine rechtlichen Hindernisse gibt. Diese Entwicklung können die Keller nur dann steuern, wenn der neue VG-Rat Saarburg-Kell sich dieser Aufgabe für ihr Teilgebiet annimmt.

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