Serie „Landmarken“, Teil 1 Ein stummer Zeuge des Unrechts aus Sandstein

Kasel · Neue Serie „Landmarken“: Bei Kasel im Ruwertal erinnert das alte Hexenkreuz an ein grausames Kapitel in Europas Geschichte.

In Kasel erinnert das Hexenkreuz von 1663 an die Vergangenheit
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Serie „Landmarken“: Hexenkreuz in Kasel

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Foto: TV/Martin Recktenwald

Nordwestlich von Kasel (Landkreis Trier-Saarburg) steht nahe der L 149 eine kleine Kapelle – und davor ein Sandsteinkreuz. Mit gerade einmal 1,60 Metern Höhe zählt es keineswegs zu den Giganten, und auch die schlichte Optik heischt nicht nach Aufmerksamkeit. Doch, wie so häufig im Leben, lohnt ein zweiter Blick. Denn auf dem Sockel ist die Jahreszahl 1663 zu lesen, und unter einer Darstellung des gekreuzigten Jesus züngeln Flammen empor. Beides verweist auf ein dunkles Kapitel der Geschichte, das diesem Steindenkmal seinen Namen gab: Hexenkreuz.

Im frühen 17. Jahrhundert zählte Trier im Heiligen Römischen Reich zu den Zentren der sogenannten Hexenprozesse. Eine irre­führende Bezeichnung, denn mit Gerichtsprozessen im modernen Sinn hatten diese Hinrichtungen wenig zu tun. Wer angeklagt wurde, galt praktisch automatisch als schuldig. Im Zweifelsfall wurden Geständnisse mit Folter erzwungen. Die Verurteilten verbrannte man bei lebendigem Leib, unter den Augen der Öffentlichkeit.

 Das Hexenkreuz  nahe Kasel wurde zum Gedenken an die sogenannten Hexenprozesse aufgestellt. Zwischen 1580 und 1630 wurden in dem Ort 19 Menschen öffentlich verbrannt.

Das Hexenkreuz nahe Kasel wurde zum Gedenken an die sogenannten Hexenprozesse aufgestellt. Zwischen 1580 und 1630 wurden in dem Ort 19 Menschen öffentlich verbrannt.

Foto: TV/Martin Recktenwald

Doch von Trier ging auch ein Impuls aus, der das Ende dieses Unrechts einläutete. Denn in der Moselstadt verbrachte der Jesuitenpater Friedrich Spee von Langenfeld (1591 – 1635) seine letzten Lebensjahre, nachdem er 1631 seine Schrift „Cautio Criminalis“ veröffentlicht hatte. Darin belegte der an­erkannte Theologe unter anderem, dass ein unter Folter erzwungenes Geständnis nicht der Wahr­heits­findung dient. Das Werk erschien zunächst anonym, wurde aber im Jesuiten­orden rasch mit Spee in Verbindung gebracht und gewann einflussreiche Anhänger. Damit begann die vermeintliche Rechtsgrundlage des Hexenwahns zu bröckeln.

Wenige Jahrzehnte später, nach dem Ende der Schauprozesse, soll in Kasel das Hexenkreuz errichtet worden sein. Aus Prozessakten geht hervor, dass 19 „Hexer“ und „Hexen“ zwischen 1580 und 1630 in dem Ort an der Ruwer verbrannt wurden. Die genauen Umstände zum Aufstellen des Kreuzes sind hingegen nicht schriftlich belegt. Der Überlieferung nach diente es 1663 als Grabstein und Bitt-Symbol für das Seelenheil der unschuldig Hingerichteten.

 Bei Kasel (Landkreis Trier-Saarburg) erinnert das 1,60 Meter hohe Hexenkreuz an die sogenannten Hexenprozesse.

Bei Kasel (Landkreis Trier-Saarburg) erinnert das 1,60 Meter hohe Hexenkreuz an die sogenannten Hexenprozesse.

Foto: TV/Martin Recktenwald

Auch der Stand­ort des Hexen­kreuzes wechselte im Lauf der Jahre. Das Original steht heute neben der Leichenhalle auf dem Kaseler Friedhof. Die Kopie außerhalb des Orts, neben der Marienkapelle, kommt jedoch den Ursprüngen näher. Denn hier war einst die Hinrichtungsstätte. Und dort stand das Kreuz auch in früheren Jahrhunderten – nur einige Meter näher zur heutigen Landstraße. Auf mehreren Karten des 19. Jahrhunderts ist der Standort verzeichnet. Diese Flur­gemarkung wird in der Kaseler Mundart nach wie vor als „off Hex“ bezeichnet.

Die benachbarte Kapelle allerdings hat nichts mit Hexen zu tun. Sie wurde um 1915 erbaut, ist der Gottesmutter Maria gewidmet und verweist auf den Wallfahrtsort Lourdes. Schon damals pilgerten regelmäßig Menschen aus dem Trierer Raum in die Stadt in den französischen Pyrenäen. 1858 soll Maria dort der damals 14-jährigen Bernadette Soubirous erschienen sein. Die Kaseler Kapelle mit Statue der Lourdes-­Maria hat die Familie Herres-­Gerard gestiftet. Seit 1962 gehört sie der Pfarrgemeinde.

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