Kommunalpolitik Umstellung der Straßenbeleuchtung in der Verbandsgemeinde Gerolstein auf LED: Zuerst wird es teuer

Gerolstein · Der Austausch der Leuchtmittel an den rund 9000 Straßenlaternen in der Verbandsgemeinde Gerolstein schlägt mit 3,1 Millionen Euro zu Buche. Der TV hat nachgefragt, wie diese Summe zustandekommt.

 In der Verbandsgemeinde Gerolstein wird die Straßenbeleuchtung bis Ende 2024 auf LED-Lampen umgestellt. Die Umrüstung der 8992 Laternen in der VG kostet rund drei Millionen Euro.

In der Verbandsgemeinde Gerolstein wird die Straßenbeleuchtung bis Ende 2024 auf LED-Lampen umgestellt. Die Umrüstung der 8992 Laternen in der VG kostet rund drei Millionen Euro.

Foto: Nowakowski Vladi

Den Anfang der Geschichte macht eine E-Mail an die TV-Redaktion. Absender ist Karl Hüppeler aus Esch in der Vulkaneifel. Dort begann im Februar der Austausch der Natriumhochdrucklampen gegen moderne LED-Leuchten – eine Maßnahme, die Stromkosten für die Gemeinden senken soll und allgemein Zustimmung findet. Auch bei Karl Hüppeler und allen anderen Einwohnern der Eifelgemeinde.

Lampen nicht insektenfreundlich Doch als einige der Straßenlaternen bereits mit den neuen Leuchtmitteln ausgestattet waren, fiel Hüppeler auf, dass es sich bei den neuen Lampen nicht um die insektenfreundliche Variante handelt. „Viel zu hell“, sei das Leuchtmittel, sagt Hüppeler, der sich gemeinsam mit weiteren rund 50 Bürgern dafür einsetzt, die Lichtfarbe „Amber“ zu installieren. „Es handelt sich dabei um eine wesentlich gemütlichere Farbe, ein insektenfreundliches und damit umweltschonendes Licht“, heißt es in einem Brief des Bürgerbegehrens Esch. Und dann fiel Hüppeler und seinen Mitstreitern noch etwas auf: „Die Kosten für den Austausch der Leuchtmittel empfinden wir als völlig überzogen.“

Genauer gesagt: Die Umrüstung der 142 Straßenlaternen in Esch soll die Gemeinde insgesamt 58.500 Euro kosten. Dieser Summe stünden aber lediglich 4000 Euro an Materialkosten entgegen, sagt Hüppeler. Und wenn man nun die Kosten für den Austausch der Leuchtmittel auf die rund 9000 Laternen in der gesamten Verbandsgemeinde hochrechne, so stünden unter dem Strich Ausgaben von rund 3 Millionen Euro. „Das sind mindestens zwei Millionen zu viel“, errechnet Hüppeler, stellt eine offizielle Anfrage an die Verbandsgemeindeverwaltung und schaltet den Bund der Steuerzahler ein.

Aufschlüsselung der Kosten Auch den TV interessiert, wie diese enorme Summe zustandekommt. Bürgermeister Hans Peter Böffgen und Sachgebietsleiter Arno Fasen nehmen sich die Zeit, die Kostenfrage aufzuschlüsseln. „Zunächst einmal hat Herr Hüppeler recht, wenn er sagt, dass die Umstellung sehr teuer ist“, beginnt Böffgen. „Doch das hat einen Hintergrund.“ Und der habe seinen Ursprung in den Verträgen, die seinerzeit zu Beginn der 1970er Jahre mit dem Energieriesen RWE geschlossen worden seien. „Heute heißt unser Vertragspartner „Westenergie“, erklärt Fasen. Die gesamte Straßenbeleuchtung in der Verbandsgemeinde sei Eigentum des Energieversorgers – ein Modell, dem die Vertreter aller Ortsgemeinden vor nun rund 50 Jahren zugestimmt hätten.

„Die Verträge werden alle zehn Jahre erneuert und beinhalten eine sogenannte Endbestimmung: Wenn sich eine Ortsgemeinde dazu entschließt, aus dem Vertrag auszusteigen, muss sie die Straßenbeleuchtung auf ihrer Gemarkung dem Betreiber abkaufen.“ Kosten, die keine Gemeinde gerne übernehmen wolle oder auch könne, sagt Fasen. „Wir haben das für die Verbandsgemeinde prüfen lassen, es macht finanziell keinen Sinn, die Straßenbeleuchtung zu übernehmen.“ Dieses Modell habe aber auch den Vorteil, dass Westenergie allein für die Verkehrssicherheit und die Funktionalität ihrer Laternen zuständig sei. Die Gemeinden übernehmen die Stromrechnung.

Das Ganze laufe wie ein Leasingvertrag, fügt Böffgen hinzu. „Und wenn man sich anschaut, wie viele Straßenlaternen während der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr zerstört wurden, kann die Verbandsgemeinde nur froh sein, dass sie die Kosten dafür nicht übernehmen muss.“

350 Euro je Lampenkopf Im vergangenen Jahr habe der Energiekonzern zu dem vom Kreis Vulkaneifel beschlossenen Umstieg auf die kostengünstigere LED-Beleuchtung ein Angebot eingereicht, das allen 38 Ortsgemeinde- und Stadträten zur Abstimmung vorgelegt worden sei, berichten Fase und Böffgen. Kostenpunkt je Lampenkopf: 350 Euro. „Auf die gesamte Verbandsgemeinde hochgerechnet, ergibt das die Summe von 3,1 Millionen Euro, die Herr Hüppeler erwähnt.“ Alle Ortsgemeinden und Städte hätten zugestimmt. Manche müssten die Kosten finanzieren, manche könnten die Summe sofort zahlen. „Insgesamt wird es aber durch die Umstellung auf LED-Leuchten zu einer Einsparung der Stromkosten kommen“, sagt Böffgen. „Westnetz hat im Austausch für die Arbeiten auf eine Vertragsverlängerung gepocht. Wir haben errechnet, dass die Kosten für den Umstieg sich für die Gemeinden innerhalb von siebeneinhalb Jahren amortisieren, weil weniger Strom verbraucht wird.“ Zudem bestünde ab dem 1. Januar 2026 Wahlfreiheit des Energielieferanten, sagt Arno Fasen.

Karl Hüppeler ärgert sich dennoch über die hohen Kosten: „Ich habe inzwischen eine Anfrage im Rahmen des Landestranzparenzgesetzes gestellt“, weil er das Angebot von Westnetz für die Umrüstung der Straßenlaternen für nicht nachvollziehbar hält. „Die Summe muss aufgeschlüsselt werden.“ Die Austauscharbeiten in der Verbandsgemeinde Gerolstein sollen 2024 abgeschlossen sein.

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