Kommunalpolitik Der Neue hat viel vor

Kalenborn-Scheuern · Der Grüne Dietmar Johnen ist mit 80 Prozent zum neuen Gemeindeoberhaupt seines Wahl-Heimatdorfs Kalenborn-Scheuern gewählt worden.

 Der Grüne Dietmar Johnen, der von 2011 bis 2016 im Mainzer Landtag saß, wurde mit 80 Prozent zum Bürgermeister seines Wahl-Heimatdorfes gewählt.

Der Grüne Dietmar Johnen, der von 2011 bis 2016 im Mainzer Landtag saß, wurde mit 80 Prozent zum Bürgermeister seines Wahl-Heimatdorfes gewählt.

Foto: TV/Thomas Regnery

In etlichen kleinen Gemeinden ist es eine Herkulesaufgabe, willige Kandidatinnen und Kandidaten für den ehrenamtlichen Bürgermeisterposten zu finden. Es lockt viel Arbeit, wenig Aufwandsentschädigung und oft genug Stress mit Shitstorms oder anderen unliebsamen Begleiterscheinungen im politischen Parterre. So hatte auch Dietmar Johnen keinen Gegenkandidaten, als er jüngst zur Ortsbürgermeisterwahl antrat. „Mich hatten diverse Bürgerinnen und Bürger sowie Teile des Gemeinderats gefragt, ob ich das machen würde“, erzählt der 56-jährige Familienvater.

Er sagte Ja. Denn er war noch nie ein Typ, der vor Verantwortung zurückschreckt. Von 2011 bis 2016 saß er für die Grünen im Mainzer Landtag, nach wie vor ist er Fraktionssprecher der Grünen im Kreistag der Vulkaneifel und im Verbandsgemeinderat von Gerolstein. „Ich bin ein ‚Überzeugungstäter‘“, sagt er von sich und trat bei der VG-Bürgermeisterwahl Ende 2018 gegen den Sozialdemokraten Hans Peter Böffgen und den CDU-Kandidaten Gerald Schmitz an. Nicht unbedingt überraschend verlor er als Grüner, die Mehrheiten waren andere. Die Mühen der grünen Ebenen von Parteipolitik kennt er, seit er Anfang der 2000er Jahre die spätere rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken kennen lernte und 2010 in die Partei eintrat. Er moderierte den Diskussionsprozess um Windkraft im Wald und dokumentierte Rotmilan- und Schwarzstorchhorste, er engagiert sich für den Erhalt der Eifelvulkane und schmiedete auch ungewöhnliche Bündnisse, um Umweltpolitik im Kreis Vulkaneifel durchzusetzen: „Ich befürworte ein konstruktives Miteinander zur Entwicklung des ländlichen Raums, als guter Ort zum Leben und Arbeiten“, begründet er dies.

Zur Bürgermeisterwahl kandidierte er hingegen nicht als Parteivertreter. Er sieht Gestaltungsspielräume für ökologische Politik in den ländlichen Lebensverhältnissen, doch es gehe um mehr: „Jetzt als Ortsbürgermeister ist eines meiner Ziele, das Dorf klimaneutral zu machen und das bereits abgeschlossene Projekt ‚Zenapa‘ (Anm. d. Red.: emissionsfreie Naturschutzgebiete) weiterzuentwickeln.“ Das heißt: Photovoltaik auf Dächer, Solar­thermie und auch Repowering der drei bestehenden Windkraftanlagen im Bereich der Ortsgemeinde. „Aber natürlich steht für Kalenborn-Scheuern viel mehr auf der Agenda. Wir haben innovative Firmen vor Ort mit attraktiven Arbeitsplätzen, wir haben Glasfaseranbindung der Haushalte, wir haben eine Kita. Ein wichtiges Thema wird also die Fachkräftefindung sein, gerade junge Familien finden bei uns beste Bedingungen.“

Johnen, von einem Bauernhof in Imgenbroich bei Monschau stammend und staatlich geprüfter Landwirt sowie gelernter Offsetdrucker, ist mit seiner Familie selbst ein Zugezogener. Er betreibt im Dorf gemeinsam mit Tochter Jana eine Naturland-zertifizierte Solidarische Landwirtschaft samt Gemüseanbau und Schafhaltung. Zuvor war Johnen zehn Jahre lang Maschinenführer bei einem großen Druckhaus in der Nordeifel und hatte dann, von Sehnsucht nach den Wurzeln getrieben, einen hauptberuflichen Milchviehbetrieb in Großkampenberg. Aufgrund der Milchpreisentwicklung musste er wie viele seiner Kollegen aufgeben. Die geeignete Immobilie, um fachlich erneut umzusatteln und ökologische Landwirtschaft im Nebenerwerb zusätzlich zum Landtagsmandat auszuüben, fand die Familie 2012 in Kalenborn-Scheuern. Auch seit Auslaufen des Mandats 2016 arbeitet Dietmar Johnen hauptberuflich in Mainz: Bei der Landeszentrale für Umweltaufklärung ist er im Einsatz bei einer Stabstelle für Ernährungsaufklärung und direkt der Umweltministerin unterstellt. Unter anderem ist er mit einem Kochbus unterwegs und zeigt in Schulen, Kitas oder Einrichtungen der Erwachsenenbildung, wie gesundes Essen konkret machbar ist. „Ich will für die Bürgerinnen und Bürger mehr leisten als nur Akten studieren und Regelungen umsetzen“, skizziert er seine Auffassung von seinem neuen Ehrenamt. „Ich habe für alle ein offenes Ohr, gerade auch für junge Menschen.“

(ako)
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