Das gesellschaftliche Umfeld hat versagt

Der Schock nach dem Tod eines Linienrichters in den Niederlanden wirkt nach. Mehrere Jugendspieler hatten den 41-Jährigen verprügelt, er erlag später seinen Verletzungen.

Was ist in den Nachwuchsfußballern vorgegangen? Warum haben sie solche Aggressionen aufgebaut? In einem Sport, der doch eigentlich nur die schönste Nebensache der Welt ist.
Angesichts der Vorkommnisse fehlen einem die Worte. Zu Recht wird allenthalben die Abscheu vor dieser Tat kundgetan. Aus manchem Mund jedoch klingt sie heuchlerisch. Attacken - nicht körperlicher, aber verbaler Art - sind auf den Fußballplätzen keine Seltenheit. Auch hierzulande. Von der Bundesliga bis zu den Kreisklassen. Auf und neben dem Rasen.
Dass manche Fans dem gegnerischen Torwart bei Abstößen drei Wörter hinterherschreien, die den Straftatbestand der Beleidigung erfüllen, gehört zu einem unwidersprochenen Ritual (A…, W…, H…). Auch Schmährufe gegen Schiedsrichter zählen nicht selten zur Normalität.
Fußball ist ein Kampfsport. Fußball ist Emotion. Aus diesen Merkmalen zieht er weltweit seinen Reiz. Wo sich Aggressionen aufstauen, müssen sie auch raus. An Ort und Stelle. Deshalb darf nicht jedes Wort in der Hitze des Gefechts auf die Goldwaage gelegt werden. Doch wer meint, verbal immens über die Stränge schlagen zu können, wird vielleicht irgendwann auch körperliche Gewalt als Ventil in Betracht ziehen.
Im Fußballverband Rheinland ist in dieser Hinsicht die Welt zum Glück noch halbwegs in Ordnung. Die Zahl registrierter Tätlichkeiten gegen Schiedsrichter ist nicht sonderlich hoch.
Den Fußball wegen Auswüchsen grundsätzlich an den Pranger zu stellen, ist indes fehl am Platz. In der Summe wird in den unzähligen Vereinen lohnende und fruchtbare Jugend- und Integrationsarbeit geleistet. Auch werden Regeln des Miteinanders vermittelt. Das darf man bei der notwendigen Sicht auf Missstände nicht vergessen. Zudem gibt es auch in anderen (Mannschafts-)Sportarten diskutable Fehlentwicklungen.
Letztlich ist der Sport nur ein Spiegelbild gesellschaftlicher Herausforderungen. So hat im Fall des verstorbenen niederländischen Linienrichters das Umfeld der jungen Täter komplett versagt. Offenbar hat es niemand verstanden, ihnen richtige und notwendige Werte zu vermitteln.
m.blahak@volksfreund.de

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