Pokerspiel um die Macht

Die Show ist vorbei, das Misstrauensvotum gegen Kurt Beck abgelehnt. Die Koalition hat nicht gewackelt - keine Überraschung bei einer namentlichen Abstimmung.

Und doch kann auch Oppositionsführerin Julia Klöckner zufrieden sein, hat sie doch gegen den blässlichen SPD-Fraktionschef Hendrik Hering einmal mehr gepunktet und das Thema Nürburgring noch stärker besetzt als zuvor.
Es ist ein dauerhafter Poker um die Macht im Land, der sich da ankündigt. Und Klöckner hat die besseren Karten. Die Hoffnung der SPD, das Ring-Debakel werde sich irgendwann totlaufen, wird sich nicht erfüllen. Stück für Stück wird es immer neue Misstöne geben, neue Enthüllungen, neue Kosten für den Steuerzahler. So traurig das für Kurt Beck ist: Er wird dieses Thema nicht mehr loswerden, es wird seine große Karriere bis zum Ende überschatten. Und der Bonus bei den Bürgern, den er immer noch genießt, wird sich abnutzen, jeden Tag ein bisschen mehr.
Julia Klöckner braucht bloß abzuwarten, nachzuhalten und nicht zu überziehen. Sie profitiert von der Konstellation, die sich den Wählern immer wieder bieten wird: eine junge, unbekümmert agierende, zupackende Frau, die demnächst medienwirksam mit großem Bahnhof in die Bundesspitze der CDU einrücken wird. Und ein Amtsinhaber, der - vielleicht ohne es zu wollen - Überdruss ausstrahlt und Starre. Der für eine ruhmreiche Vergangenheit steht, aber nicht für die Zukunft. Je länger diese Konstellation anhält, desto wahrscheinlicher wird ein Machtwechsel bei der nächsten Landtagswahl.
Dass die SPD in Schockstarre verharrt, hat einerseits mit der sympathischen Hemmung zu tun, den waidwunden Platzhirschen abzuschieben, so lange er nicht von selbst geht. Zum anderen aber auch damit, dass die beiden in der Thronfolge führenden Kronprinzen Lewentz und Hering derart in die Ring-Affäre verheddert sind, dass es russisches Roulette wäre, einen von beiden derzeit zum Beck-Nachfolger zu befördern. Sie spielen auf Zeit, in der trügerischen Hoffnung, der amtierende Ministerpräsident werde die Chose noch irgendwie geregelt kriegen und ihnen dann ein geräumtes Minenfeld übergeben.
Das wird nicht funktionieren. Will die SPD ihre Machtoption in Rheinland-Pfalz behalten, muss sie sehr zügig eine neue, unbelastete Spitzenkraft berufen und gegen Klöckner in Stellung bringen. Das kann nach Lage der Dinge nur Bildungsministerin Doris Ahnen sein, oder, wenn sie es sich zumuten will und kann, Sozialministerin Malu Dreyer. Beide böten die Chance, das Heft des Handelns wieder in die Hand zu bekommen und die CDU in Sachfragen zu stellen - wo Julia Klöckner bislang nicht viel zu bieten hat.
Schaffen die Sozialdemokraten keinen Neuanfang, werden sie die Getriebenen bleiben. Kurt Beck übrigens auch. Noch könnte er aus eigener Kraft den Schlussstrich ziehen, könnte gehen, so lange es die Mehrheit der Bürger noch bedauert. Aber den richtigen Zeitpunkt des Abschieds zu finden, ist nicht die Stärke alter Fahrensleute.
d.lintz@volksfreund.de

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