Kolumne Glaube im Alltag Zeig dich!

Trier · Zeig dich! Sieben Wochen ohne kneifen“ ist das Fastenmotto der evangelischen Kirche, das ein Magazin ziert. Albern denke ich, da meine Hose nach Weihnachten kneift, an Abnehmtipps. Beim Schmökern merke ich: nein – es geht nicht darum, wie ich nach außen eine gute Figur mache. Oder doch irgendwie schon. Nur ganz anders!

 Vanessa Kluge, evangelische Pfarrerin

Vanessa Kluge, evangelische Pfarrerin

Foto: kraemer katja

Ich versinke in Fragen an mich selbst: wie oder wo verstecke ich mich im Alltag? Hinter meinem Pokerface, damit man meine Gefühle nicht sieht? Hinter der Arbeit, weil ich damit anderes von mir fern halten kann? Hinter meinem Perfektionismus, der es allen Anderen schwer macht? Und was ist, wenn ich das nicht tue?

Welche Figur mache ich, wenn ich stattdessen mal mein Mitgefühl, meine Fehlbarkeit, meine verletzbaren Gedanken und Ideen zeige? Zunächst denke ich: ach – das ist ein schöner Gedanke, aber nicht lebbar.

Am nächsten Tag sitze ich im Büro, schreibe schnell eine Nachricht und überlege laut: „Schreibt man schmökern mit k oder ck?“ Wir einigen uns auf „ck“ und der Zettel mit der Nachricht wandert in den Briefumschlag.

Ein paar Stunden später habe ich eine Mail aus dem Büro mit einer Entschuldigung, dass man es doch mit „k“ schreibe, aber weil ich weggewesen sei, hätte man mein „o“ einfach größer und dicker gemacht, damit das „c“ verdeckt sei. Mein Perfektionismus kitzelt mich – Mist, ein Fehler. Aber ich sage mir: zeig dich – Fehler kann man machen. So schreibe ich zurück: „Das größere und dickere „o“ sei doch eine gute Lösung und außerdem vergessen wir gemeinsam nie mehr, wie man schmökern schreibt.“

Meine Hose kneift immer noch, aber ich glaube, es steht mir gut, wenn ich mich mehr selbst zeige, auch mit allen meinen Fehlern.

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