Bahn: Im "Kaster-Express" muss niemand schwitzen

In der Region müssen die Bahnreisenden in Zügen nicht schwitzen. Das jedenfalls sagt die Bahn. Auf Anfrage teilte das Unternehmen mit, dass in den von und nach Trier fahrenden Fernzügen die Klimaanlagen funktionierten.

 Von Berlin direkt nach Trier: Nachmittags kurz vor 16 Uhr fährt ein ICE von der Spree nonstop an die Mosel. TV-Foto: Roland Morgen

Von Berlin direkt nach Trier: Nachmittags kurz vor 16 Uhr fährt ein ICE von der Spree nonstop an die Mosel. TV-Foto: Roland Morgen

Trier. Das Wetter ist schuld. Soweit hat die Bahn recht. Auch wenn es angeblich nicht die Hitze war, die den ICE von Trier nach Berlin am Montagnachmittag stoppte, sondern ein Unwetter in Nordrhein-Westfalen. Das jedenfalls sagt die Bahn. TV-Leser, die in dem Zug gesessen haben, berichten allerdings, dass der ICE nach etwas mehr als einer Stunde in Wolfsburg gestoppt habe, weil mehrere Passagiere wegen unerträglicher Hitze in den beiden Großraumwagen kollabiert seien. Im gesamten Zug habe die Klimaanlage nicht funktioniert. Der Zug sei zudem völlig überfüllt gewesen, weil Wagen gefehlt hätten und daher einige Reisende statt auf ihren reservierten Plätzen im Flur auf dem Boden sitzen mussten, hat ein Reisender unserer Zeitung gesagt. Andere TV-Leser haben berichtet, dass auch am Dienstag die Klimaanlage in einigen Wagen der einzigen Direktverbindung zwischen der Bundeshauptstadt und Trier ausgefallen sei.

Doch laut Bahn kann das nicht sein. "Klimaanlagenprobleme in den IC/EC Zügen auf dieser Relation sind nicht bekannt", hat Bahnsprecher Hartmut Lange auf Anfrage unserer Zeitung gestern mitgeteilt. Mit anderen Worten: Im ICE zwischen Trier und Berlin war es trotz funktionierender Klimaanlage heiß. Auch dass der wegen des Trierer CDU-Bundestagsabgeordenten Bernhard Kaster, dem es nach langem Einsatz gelang, eine Direktverbindung von der Mosel an die Spree zu schaffen, scherzhaft auch "Kaster-Express" genannte ICE in Wolfsburg wegen "überhitzten" Passagieren gestoppt worden sei, trifft laut Bahnsprecher Lange nicht zu. Es ergebe sich kein neuer Sachverhalt, meint er. Am Dienstag hatte Lange auf TV-Anfrage mitgeteilt, dass der Zug "wegen der schweren Unwetter in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen und den daraus resultierenden starken Verspätungen Trier nicht mehr erreichen konnte". Das sei auch der Grund gewesen, warum am Dienstagmorgen der ICE von Trier nach Berlin ausgefallen sei.

Unklar ist auch, wie oft der ICE in den vergangenen Tagen ausgefallen ist. TV-Leser berichten, dass der Zug auch davor nicht gefahren sei. Dazu hat die Bahn trotz Anfrage unserer Zeitung keine Angabe gemacht.

Überlastet wegen "extremer Hitze"



Das Unternehmen hat gestern mitgeteilt, dass weder "ein Wartungsmangel noch ein systematischer technischer Fehler bei den Klimaanlagen" vorliege. Vielmehr seien sie "durch die extreme Hitze an die Grenze ihrer Belastbarkeit gekommen", so der Vorstand für den Personenverkehr, Ulrich Homburg. Gestern ist bekannt geworden, dass die Belastungsgrenze der Klimaanlagen bei 32 Grad Außentemperatur liege. Beim für die Zulassung von Zügen zuständigen Eisenbahnbundesamt (EBA) in Bonn hält man diese Zahl allerdings für unsinnig. Es gebe keine Belastungsgrenze für Klimaanlagen in Zügen, sagt EBA-Sprecherin Heike Schmitt unserer Zeitung. Vielmehr gehe sie auf ein Merkblatt des internationalen Eisenbahnverbandes zurück, wonach der Komfort der Zugreisenden bei Außentemperaturen von minus 20 bis plus 32 Grad gleichbleibend sein müsse - Passagiere sollen also weder frieren noch schwitzen. Bislang würde die Funktionstüchtigkeit der Klimaanlagen in Zügen aber nicht bei der Zulassung geprüft. "Es handelt sich nicht um einen sicherheitsrelevanten Aspekt sondern um Komfort für die Reisenden." Es könnte aber sein, dass künftig auch die Klimaanlagen vom EBA in Augenschein genommen werden, bevor ein neuer Zug auf die Schiene gesetzt wird. Offenbar bewertet die Bonner Behörde den Ausfall der Klimaanlagen als sicherheitsrelevant. Wenn sich Reisende deswegen in ärztliche Behandlung begeben müssten, sei es Aufgabe des EBA die Vorfälle zu überprüfen, sagt die Sprecherin. "Die Bahn muss für die Sicherheit ihrer Reisenden sorgen", so EBA-Sprecherin Schmitt.

Auch wenn sie die Ausfälle der Anlagen anders wie zunächst die Bahn nicht als Ausnahme sieht, kann sie sagen, ob es auch in anderen Zügen zu solchen Zwischenfällen kommt. Ob also etwa in neuen Regionalzügen, die auch aus klimatisierten Großraumwagen bestehen - wie etwa dem Talent 2, der demnächst zwischen Perl, Trier und Koblenz fahren wird die Klimaanlage reibungslos funktioniert, wird sich erst noch zeigen.

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