Themenwochen: Starke Zentren für einen gesunden Darm

Das Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen arbeitet über Abteilungen hinweg Hand in Hand für ein Mehr an Darmgesundheit

Themenwochen: Starke Zentren für einen gesunden Darm
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Entscheidungen können "Bauchschmerzen" verursachen, unschöne Ereignisse "auf den Magen schlagen". Viele Menschen haben "Schiss" vor Prüfungen, nicht wenige verbringen dann viel Zeit auf der Toilette. Die deutsche Sprache ist reich an Redewendungen, welche die Bedeutung der Psyche für die Verdauungsorgane spiegeln. Auch umgekehrt gilt: Gerade Darmleiden können psychische Erkrankungen nach sich ziehen. Bisweilen mündet das Ganze auch in einem Teufelskreis.

Diesen zu durchbrechen widmen sich im Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen Mediziner und Pflegekräfte zahlreicher Abteilungen. Psychologen sind ebenso in die ganzheitliche Behandlung der Patienten eingebunden, und auch die Klinikgastronomie ist mit von der Partie. Das Mutterhaus verfügt mit dem Darmzentrum zur Behandlung und Vorsorge bösartiger Darm- und Enddarmerkrankungen sowie dem Kompetenzzentrum für chirurgische Koloproktologie gleich über zwei zertifizierte Einrichtungen, in denen Expertise und Erfahrungen gebündelt werden. "Das ist eine besondere Stärke von uns, dass wir interdisziplinär intensiv zusammenarbeiten und der Patient immer die für ihn optimale Diagnostik und Therapie erhält", sagt Dipl.-Kaufmann Jörg Mehr, Geschäftsführer des Klinikums.
Die Leiden, die behandelt werden, sind so unterschiedlich, wie die Patienten: Sie reichen von psychosomatischen Beschwerden bis zu bösartigen Erkrankungen, betreffen Kleinkinder und Hochbetagte. Auch gibt es Menschen, die im eigentlichen Sinne nicht "krank" wurden, weil sie rechtzeitig bei Dr. Erwin Rambusch und seinem Team vorstellig wurden. Der Leiter der Gastroenterologie und stellvertretende Leiter des Darmzentrums hat eine Schlüsselfunktion inne. Denn nur beim Darmkrebs ist wirkliche Vorsorge möglich, denn nur bei diesem gehen in der Mehrzahl der Fälle gutartige Wucherungen einem Tumor voraus. Diese sogenannten Polypen lassen sich im Zuge einer Darmspiegelung erkennen und meist problemlos entfernen.

Dennoch meiden viele Menschen die von den Kassen ab dem 55. Lebensjahr empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen, weshalb jährlich noch etwa 62.000 Menschen an Dick- oder Mastdarmkrebs erkranken. Rambusch und Privatdozent Dr. Thomas Zimmer, Facharzt für Gastroenterologie und Konsiliararzt im Klinikum Mutterhaus Ehrang, raten, nicht erst bei Blut im Stuhl den Arzt aufzusuchen. Da Darmkrebs über viele Jahre entsteht und erst spät Symptome zeigt, sollte jeder die Vorsorge nutzen, so die klare Ansage der beiden Mediziner.

Blieb es nicht bei einem Polypen und wurde ein Tumor diagnostiziert, ist die Behandlung in jedem Fall belastender und langwieriger. Dann sind die Teams von Dr. Mahlberg und Professor Dr. Pan Decker gefragt. Decker, Chefarzt der Chirurgie 1 und Leiter des Darmzentrums und seine Kollegen entfernen die Tumore und gehen hierbei radikal vor. Denn Ziel ist es, den Krebs restlos zu entfernen, damit dieser nicht mehr wuchert und streut. Haben sich schon Metastasen in Lunge oder Leber gebildet, lassen sich diese oft noch entfernen. Mitentscheidend für den Behandlungserfolg ist die Erfahrung des Chirurgen: Untersuchungen belegen, dass es einen erheblichen Unterschied für das längere Überleben des Patienten macht, ob ein erfahrener oder ein eher wenig versierter Chirurg die OP durchführt.

Häufig ist auch eine Kombination von Behandlungen notwendig: neben der Chirurgie die Chemo- und Strahlentherapie sowie zunehmend die individualisierte und zielgerichtete Therapie mit Antikörpern. Welcher Behandlungspfad eingeschlagen wird, entscheidet die täglich tagende Tumorkonferenz. "Wir schauen uns gemeinsam mit den Kollegen anderer Abteilungen, etwa der Chirurgie oder Strahlentherapie, jeden Patienten an und beratschlagen gemeinschaftlich, welches die für ihn optimale Therapie ist", berichtet Chefarzt Mahlberg.

Während Tumorerkrankungen des Darms bei Kindern selten sind, zeigen sich bei jungen Patienten schon andere schwerwiegende Leiden, berichtet Privatdozent Dr. Wolfgang Thomas, Chefarzt der Kinder- und Jugendmedizin. So sind auch Kinder und Jugendliche von Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa betroffen. Symptome dieser chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, welche die Lebensqualität merklich beeinträchtigen, sind starke, oft krampfartige Bauchschmerzen und heftige, oft blutige Durchfälle.

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa lassen sich zwar nicht heilen, doch lindern. Eine frühzeitige Diagnose ist vonnöten, um die Erkrankung unter Kontrolle zu halten, sagt Dr. Thomas. Dank feinster Endoskope kann Dr. Rambusch auch bei jungen Patienten chronisch-entzündliche Darmerkrankungen diagnostizieren. Wird rechtzeitig mit Medikamenten oder einer speziellen Ernährungstherapie gegengesteuert, lassen sich körperliche und seelische Entwicklungsverzögerungen weitgehend vermeiden. Nicht selten geht mit der Erkrankung auch eine Stigmatisierung einher, da mit ihr schambehaftete Beschwerden wie häufiger Stuhldrang verbunden sind. Viele Betroffene entwickeln soziale Ängste bis hin zu Depressionen.

Bisweilen bilden Depressionen oder andere psychische Leiden auch die Ursache einer Darmerkrankung, wenn auch nicht bei Krebs oder Morbus Crohn. Brigitte Bogdanski, Leitende Diplom-Psychologin und Psychologische Psychotherapeutin der Inneren Medizin 2 betont, dass vor der Diagnose einer psychosomatischen Erkrankung der definitive Ausschluss einer organischen Ursache steht. Ist dies gegeben, gehen Bogdanski und ihre Kollegen den tieferen Ursachen auf den Grund und unterstützen den Patienten dabei, Wege aus fatalen Denkmustern zu finden und vermeintlich entlastende Verhaltensweisen wie das Vermeiden Angst auslösender Situationen zu verändern. Ist die Behandlung nach einem mehrwöchigen Aufenthalt noch nicht abgeschlossen, folgt eine ambulante Therapie bei niedergelassenen Therapeuten, oder aber die Überweisung in eine psychosomatische Fachklinik.

Auch für die Klinikgastronomie spielt das Thema Darmgesundheit eine wichtige Rolle. So wird seit 2013 mit dem "Mutterhaus-Vitalmenü" eine besondere Ergänzung des Speiseplans angeboten. "Als Grundlage dient die mediterrane Küche, die wir mit ballaststoffreichen Produkten ergänzen, um so eine vollwertige Ernährung zu erreichen, die alle Bedürfnisse abdeckt. Außerdem verwenden wir wann immer möglich frische und saisonale Produkte aus der Region und verzichten vollständig auf Farb-, Geschmacks-, Zusatz- und Konservierungsstoffe", berichtet Armin Schmitt, Leiter der Klinikgastronomie. Besucher und Patienten des Klinikums profitieren gleichermaßen von der gesunden Kost. Wo nach einer OP oder infolge einer Ernährungstherapie eine besondere Mahlzeit verlangt wird, erhält der Patient einen individuell auf ihn zugeschnittenen Speiseplan.

Nicht wenige Patienten suchen nach ihrem stationären Aufenthalt noch eine Selbsthilfegruppe auf. Die Diplom-Pädagogin Elke Thees von der Selbsthilfekontakt- und Informationsstelle (SEKIS), nennt den wesentlichen Vorzug dieser Gruppen: "Dort treffen die Patienten auf Menschen, die ohne große Worte verstehen, wie sie sich fühlen und was ihnen im Alltag Probleme bereitet." Die "Betroffenenkompetenz" sei für viele Erkrankte und auch Angehörige sehr hilfreich.

Das sehen Mediziner wie Dr. Mahlberg ähnlich: "Selbsthilfegruppen haben für uns einen hohen Stellenwert, weil sie Hilfestellungen und Informationen bieten, die wir im klinischen Alltag und erst recht nach der Entlassung des Patienten gar nicht leisten könnten", lobt der Internist.

Das erwartet Sie in den Gesundheitswochen

Die Themenserie in der Tagezeitung und online:

Freitag, 18.03.2016: Entzündliche Darmerkrankungen und Reizdarm bei Kindern und Erwachsenen
Donnerstag, 24.03.2016: Operative Therapie von Darmkrebs
Freitag, 01.04.2016: Keine Angst vor der Darmspiegelung

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