Zustellerin muss über 1000 Euro Strafe zahlen Prügelnder Ehemann soll Botin vom Briefeaustragen abgehalten haben

Bitburg/Bettingen · Das Amtsgericht hat eine Zustellerin zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie rund 1650 Postsendungen nicht ausgetragen hatte. Verantwortlich dafür macht sie ihren wohl gewalttätigen Ehemann.

 Das Amtsgericht hat eine Zustellerin zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie rund 1650 Postsendungen nicht ausgetragen hatte. Symbolfoto: Archiv

Das Amtsgericht hat eine Zustellerin zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie rund 1650 Postsendungen nicht ausgetragen hatte. Symbolfoto: Archiv

Foto: wilhelmus liane

Monatelang haben Bürger rund um Bettingen auf Post warten müssen. Etliche Zeitschriften, Werbeblätter, aber auch Rechnungen und ärztliche Unterlagen landeten zwischen Winter 2018 und Sommer 2019 nicht in den Briefkästen der Adressaten. Sondern im Auto und in der Wohnung einer Botin.

Die 25-Jährige hatte die rund 1650 Sendungen zuhause gehortet. Das räumte sie bei der Verhandlung am Dienstag vor dem Amtsgericht Bitburg ein. Verantwortlich dafür macht die Luxemburgerin ihre schwierigen familiären Verhältnisse.

Ihr „Noch-Ehemann“ habe sie „unter Druck gesetzt“, sie „bedroht“ und „Gewalt angewendet“. Der damalige Partner habe wohl nicht gewollt, dass die Mutter eines zweijährigen Sohns nachts Post austrage. Sie immer wieder in der gemeinsamen Wohnung festgehalten und in stundenlange Streits verwickelt.

Sodass sie zu spät auf der Arbeit erschien und ihre Touren nicht mehr schaffte. Die nicht ausgetragenen Sendungen habe der Ehemann dann in der Wohnung versteckt, sodass sie sie nicht mehr habe verteilen können.

So landeten dann an manchen Tagen nur ein Brief bei ihr daheim, an anderen schon mal 70 bis 80 Stück. Über das halbe Jahr kam so eine Menge zusammen. In 53 Fällen wirft die Staatsanwaltschaft der jungen Frau vor, gegen das Postgeheimnis verstoßen zu haben. Die 1650 unterschlagenen Sendungen, die ihr zur Last gelegt wurden, seien nur eine Schätzung, heißt es von der Anklage: Man habe bei ihr „eine ganze Wagenladung“ von Umschlägen und Zeitschriften gefunden“.

„Ich war nach einer Zeit so mit den Nerven am Ende, dass gar nichts mehr ging“, rechtfertigt sich die arbeitssuchende Frau vor Gericht: „Es wurde mir alles zu viel.“ Ihr Verteidiger findet noch drastischere Worte für die wohl schwierige Lebenssituation der ehemaligen Austrägerin: „Es war eine richtige Scheißzeit für meine Mandantin.“

Dies glaube ihr auch der Staatsanwalt, wie er sagt. Dennoch hätte sie ihren Arbeitgeber früher informieren können, dass etwas schieflaufe: „Mir ist das alles ein bisschen zu einfach.“ Richter Christian Scholz gibt ihm Recht: „Die Gründe für die Tat sind zunächst relativ egal.“ Die Lebenssituation der früheren Austrägerin sei zwar nicht einfach gewesen, schütze aber vor Strafe nicht. Strafmildernd wirke nur, dass die Frau vor den Vorfällen nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten war. Zudem hatte die inzwischen entlassene und arbeitssuchende Angeklagte die Post nicht geöffnet, was ihr zugute gehalten wurde.

So entschied das Gericht letztlich, der Frau eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 13 Euro aufzubrummen. Die Staatsanwaltschaft hatte Tagessätze von je 10 Euro gefordert, die Verteidigung sich nicht festgelegt. Der Richter begründete: Da die Verurteilte wieder in Luxemburg wohne und dort mehr Lohn beziehungsweise Sozialhilfe gezahlt werde, könne sie eine höhere Strafe verkraften. Die Beschuldigte verzichtete, Rechtsmittel einzulegen, nahm das Urteil klaglos an und entschuldigte sich bei den Betroffenen.

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