Energie Tiefe Temperaturen, hoher Zuspruch: Eifeler diskutieren über Windkraft

Kinzenburg · Mehr als 60 Bürger nehmen am Ortstermin zur Windkraft bei Doris und Michael Kandels in Kinzenburg teil. Die Diskussion: lebhaft.

 Zu viele Windräder? Auch Bürgermeister Andreas Kruppert (zweiter von links) und, rechts daneben, Landrat Joachim Streit, stellen sich Fragen und Kritik.

Zu viele Windräder? Auch Bürgermeister Andreas Kruppert (zweiter von links) und, rechts daneben, Landrat Joachim Streit, stellen sich Fragen und Kritik.

Foto: Fritz-Peter Linden

Bitterkalt ist es am Montagmorgen. Auch auf dem Hof von Doris und Michael Kandels in Kinzenburg. Und der dichte Nebel verhindert, dass man den Grund für das Treffen, zu dem Doris Kandels eingeladen hat (der TV berichtete), sehen kann: Die neuen Windräder rund um Lünebach, Lichtenborn und die Nachbarorte wie eben auch Kinzenburg.

Und obwohl die Kälte mit jeder Minute allen umso fieser zwischen die Rippen schleicht: Mehr als 60 Menschen sind da, Bürger aus Dorf und Umland, aber auch Vertreter der Orts- und der Verbandsgemeinde mit Bürgermeister Andreas Kruppert – und Landrat Joachim Streit.

Die Gastgeberin erzählt noch einmal, wie sie sich vor einem halben Jahr aufgeregt habe, als zwei dieser Anlagen eingeschaltet wurden – über die Lautstärke. Über die Größe der Windräder, deren Nähe zur Besiedlung, über die Pachteinnahmen, die „von unseren Steuern und Stromrechnungen bezahlt“ würden. Darüber, dass die Gesundheit von Mensch und Tier beeinträchtigt werde. Dass man die Eifel so furchtbar entstelle. Und dass man jetzt für immer „mit diesen Riesen“ und dem Wertverlust von Häusern und Grundstücken leben müsse.

Sie fragt aber auch Andreas Kruppert, den Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Arzfeld, warum es dieser Standort habe sein müssen. Warum man eine Sondergenehmigung erhalten habe, um so nah an die Häuser bauen zu dürfen. Und was da vielleicht noch alles nachkomme.

Den Standort, sagt Kruppert, habe ein Gutachten ergeben. Und nein, eine Sondergenehmigung habe man nicht gebraucht, da die Anlagen geplant wurden, bevor das Land strengere Abstandsregeln vorgab. Er erinnert auch daran, dass ein Drittel der Pachteinnahmen in den Ortsgemeinden bleibe: „Davon haben alle etwas, jeder einzelne Bürger“ – der von Sommer an auch Anteile an den Anlagen erwerben könne, sofern er in der VG wohnt. Den Vorwurf, es sei nicht ausreichend informiert worden, weist er zurück. Man habe 60 Abende in den Dörfern organisiert, alles offengelegt, „transparenter kann man es beim besten Willen nicht machen“.

Während Kruppert antwortet, wo er nur kann, kommen weitere Vorwürfe: Dass zu wenig Rücksicht auf die Tierwelt, auf Rotmilan und Storch, genommen worden sei. Auch da widerspricht er: „Das ist ganz klar nicht der Fall.“ Im Genehmigungsverfahren sei „alles eingehalten worden, was gesetzlich gefordert ist“.

Auch Christoph Frank von Abo Wind beteuert, dass man gerade beim Milan „hier sogar noch mehr gemacht“ habe als an anderen Standorten. Dass auch die Lautstärke noch einmal gemessen werden müsse, innerhalb von zwölf Monaten, nachdem die Anlagen in Betrieb gegangen seien. Dass man dann an ausgewählten Standorten einen Tag lang den Lärm prüfen werde. Einen Tag? Für einige viel zu wenig. Es stehe „jedem Anwohner frei, auf die Emissionsbehörde zuzugehen“, sagt er, wenn man das Geräusch als zu laut empfinde. Und die werde dann den Betreiber in die Pflicht nehmen.

Doris Kandels hakt immer wieder nach: Wie viele Anlagen, will sie wissen, seien in den nächsten zehn Jahren geplant? Krupperts Antwort: „Stand jetzt ist der Windkraft-Ausbau in der VG Arzfeld beendet.“ Er könne aber nicht sagen, ob nicht eine spätere Landesregierung mit weiteren Windkraftplänen um die Ecke komme.

Auch ein Bürger aus der VG Prüm meldet sich: „Wir brauchen Unmengen an Energie“, sagt er. „Und diese Energie muss irgendwo herkommen.“ Auch er finde, dass es in der Eifel mittlerweile „ein bisschen viel“ sei mit den Anlagen. Aber die seien ihm immer noch lieber als Atomkraftwerke.

„Wir werden hier die Welt heute nicht retten“, sagt Landrat Joachim Streit. Auch er schwanke, was die Windkraft betreffe. Auch er habe sich, noch als Bürgermeister von Bitburg, nach Errichtung des Windparks dort gefragt: „Was hast du denn da gemacht?“ Während er aus der Südeifel Prügel dafür beziehe, dass dort keine Anlagen genehmigt würden. Es sei schwer, zwischen Lebensqualität, Naturschutz, Immobilienwert und der erneuerbaren Energie abzuwägen. Und nein, er könne keine Lösung anbieten – „weil ich keine habe“. Dennoch sei ein solcher Termin wie heute gut. Weil miteinander geredet werde.

Die Zerrissenheit vieler bei Thema Windkraft belegt kaum jemand besser als Doris Kandels’ Ehemann Michael: Er habe, sagt er, anfangs die Initiative seiner Frau belächelt. Und bekennt, als Mitglied des Ortsgemeinderats „irrerweise auch“ für die Windräder gestimmt zu haben. Aber: „Ein Laie, wie ich einer bin, der kann sich nicht vorstellen, was dann da hingesetzt wird.“ Und deswegen sei er jetzt „dankbar, dass meine Frau sich einsetzt“.

Am Ende erhalten alle Applaus. Vor allem Doris Kandels. Und nicht nur Ehemann Michael ist stolz: „Was sagen Sie zu meiner Tochter?“, fragt ihr Vater Adam Seger mit einem zufriedenen Lächeln. „Ich habe noch eine, die ist genauso. Die haben die Gene von mir.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort