Kulturgut Innenminister Lewentz will Viez zum Kulturerbe erklären

Region Trier · Drei Anträge zum immateriellen Kulturerbe aus Rheinland-Pfalz hat Innenminister Roger Lewentz in Kultusministerkonferenz eingebracht. Bekommt der Viez seine nächste Chance?

Innenminister Lewentz beantragt, Viez zum immateriellen Kulturerbe zu erheben
Foto: "h_st" <h_st@volksfreund.de>

Innenminister Roger Lewentz hat die Anträge „Edelsteinbearbeitung in der Region Obere Nahe“, „Schuhtradition in Pirmasens – das Netzwerk um den Schuh“ und „Viez – Herstellung, Konsum und Bräuche. Apfelwein als kulturelles Erbe im moselfränkischen Sprachraum“ im laufenden Auswahlverfahren zum Immateriellen Kulturerbe an die Kultusministerkonferenz (KMK) weitergeleitet, teilt das Innenministerium mit. Unterstützt wurde das Innenministerium bei der fachlichen Bewertung der Anträge durch das das rheinland-pfälzische Expertengremium zum Immateriellen Kulturerbe.

„Rheinland-Pfalz zeichnet sich nicht allein durch steinerne historische Monumente von Welterbe-Rang aus. Auch beim immateriellen Kulturerbe hat unser Land viel zu bieten. Alte Handwerkstechniken und andere lebendige Traditionen bereichern unsere Gesellschaft seit langer Zeit und sind ein Anker für unsere kulturelle Identität“, so Innenminister Roger Lewentz in der Mitteilung.

Schon die Römer kannten Viez

Die Viezherstellung, die Herstellung des moselfränkischen Apfelweins, ist seit den Römern im moselfränkischen Sprachraum belegt. Erstmals taucht der Begriff Viez in einer Prümer Urkunde aus dem Jahr 1413 auf. Im Mittelalter dienten insbesondere die Klöster als Wissensträger. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts avancierte der Viez vom Arme-Leute-Getränk zum Nationalgetränk der Trierer. Die entsprechende Festkultur mit ihren Hochburgen Merzig und Trier ist seit den 1970er Jahren belegt. Die Herstellung des Getränks erfordert Fachwissen zum Apfelanbau (Pomologie), zu Streuobstwiesen und zu Keltertechnik. Heute wird häufig auch in Privathaushalten noch selbst gekeltert. Museen und kleinere Betriebe bieten jährlich Informations- und Demonstrationsveranstaltungen zur Keltertechnik an.

Die Edelsteinverarbeitung an der oberen Nahe ist ein Handwerk, für das eine lange Kontinuität belegt ist. Die Anpassung an neue Gegebenheiten, die zunehmende Spezialisierung als Kunsthandwerk und die Weiterentwicklung in Richtung neuer Technologien machen deutlich, dass es sich um eine lebendige Kulturform handelt. Die Bearbeitung von Edelsteinen kann in der Region Obere Nahe mindestens bis in das 16. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Neben der Achatverarbeitung entstand eine Reihe weiterer Berufe im Zusammenhang mit der Schmuckindustrie, die zu einem festen Wirtschaftszweig wurde. Die handwerklichen Fähigkeiten der Edelschleiferei werden bis heute dort praktiziert.

So geht die Auswahl zum immateriellen Kulturerbe weiter

Die Entwicklung der Schuhindustrie in der Pfalz ist eng mit der Geschichte von Pirmasens verknüpft. Bereits seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert wurden dort Schuhe hergestellt, zunächst in Handarbeit, später dann in den zahlreichen

Schuhfabriken in der Stadt und im Umland. Pirmasens galten im 19. und 20. Jahrhundert als Zentrum der deutschen Schuhindustrie, bis schließlich der Konkurrenzdruck aus dem Ausland ab den 1960er Jahren dessen Niedergang einläutete. Auch wenn die Produktion nicht mehr in Pirmasens selbst stattfindet, wird das hierzu notwendige Know-How in den Betrieben, an den Fachhochschulen und Kompetenzzentren gelehrt und weiterentwickelt. Auch die Gestaltung und Konzeption findet noch in der Stadt selbst statt.

Nach Zusammenführung der Vorschlagslisten der Länder durch das Sekretariat der Kultusministerkonferenz werden die Anträge durch das unabhängige Expertenkomitee Immaterielles Kulturerbe bei der Deutschen Unesco-Kommission bewertet. Auf Basis der Auswahlempfehlungen dieses Expertenkomitees erfolgt dann die staatliche Bestätigung durch die Kultur-Ministerkonferenz und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien. Dies wird voraussichtlich 2023 sein.

Rheinland-Pfalz ist bereits mit den folgenden Kulturformen im Bundesweiten Verzeichnis zum Immateriellen Kulturerbe vertreten: Die Genossenschaftsidee (Aufnahmejahr: 2014), Morsetelegrafie (2014), Forster Hanselfingerhut-Spiel (2016), Töpfertradition Westerwälder Steinzeug in und um Höhr-Grenzhausen, Kannenbäckerland, sowie Breitscheid (2016), Die Wiesenbewässerung in den Queichwiesen zwischen Landau und Germersheim (2018), Das Welttanzprogramm (WTP) für den Paartanz in das Register Guter Praxisbeispiele 2018), Weinkultur in Deutschland (2021) und Pfälzerwaldhütten-Kultur (2021).

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