Nach acht Versammlungen Warum die Verwaltung jetzt öffentlich an Montagsspaziergänger in Saarburg appelliert

Saarburg · Mit einer Stellungnahme wendet sich jetzt die Verbandsgemeindeverwaltung an die „Spaziergänger“ in Saarburg. In den sozialen Medien stößt das auf ein geteiltes Echo.

 Wenn die Montagsspaziergänger durch Saarburg ziehen, schalten viele Geschäftsleute das Licht in ihren Läden aus, um zu zeigen, dass sie diese Form des Protests nicht in Ordnung finden.

Wenn die Montagsspaziergänger durch Saarburg ziehen, schalten viele Geschäftsleute das Licht in ihren Läden aus, um zu zeigen, dass sie diese Form des Protests nicht in Ordnung finden.

Foto: Wilfried Hoffmann

Am Montag gab es in Saarburg wieder einen sogenannten Montagsspaziergang von den Gegnern der Corona-Maßnahmen. Es dürfte der achte seiner Art gewesen sein. Laut Polizei kam es nicht zu besonderen Vorkommnissen. Bis zu 80 Menschen hätten sich in der Innenstadt verteilt, hieß es. Die Polizei erstattete laut eigenen Angaben 18 Anzeigen gegen Maskenverweigerer und erteilte zehn Platzverweise.

Anzeigen und Platzverweise gegen Maskenverweigerer

Diesmal reagierte die Verwaltung der Verbandsgemeinde Saarburg-Kell mit einer Pressemitteilung auf die nicht angemeldeten Versammlungen. Pressesprecher Frank Weilerswist hat die Mail verschickt. Unter dem leicht kommentierenden Text steht kein Name, es steht lediglich Verbandsgemeindeverwaltung Saarburg-Kell darüber. Auch auf TV-Nachfrage will sich Bürgermeister Jürgen Dixius nicht mit dem Text zitieren lassen.

In dem Text wird die Versammlungsfreiheit, das Demonstrationsrecht sowie das Recht auf freie Meinungsäußerung zu einem „außerordentlich hohen Gut“ in einer freiheitlichen Demokratie erklärt, das nicht in Frage gestellt werden sollte. Wer Kritik üben und Versammlungen oder Demonstrationen veranstalten wolle, könne sich auch in Pandemiezeiten auf das Demonstrationsrecht als Grundrecht berufen und davon Gebrauch machen, heißt es.

In dem Schreiben wird aber auch daran erinnert, dass dabei die geltenden Vorschriften eingehalten werden müssen. Zur Begründung heißt es: „Denn gegen geltendes Recht zu demonstrieren ist legitim – dabei gegen geltendes Recht zu verstoßen ist es nicht.“ Mit den sogenannten Spaziergängen werde absichtlich versucht, das geltende Versammlungsrecht zu unterlaufen. Denn es handele sich um geplante Kundgebungen, die nicht angemeldet seien und bei denen die Gebote des Infektionsschutzes (Maskenpflicht, Mindestabstand) zum Teil umgangen würden. Bei angemeldeten Versammlung würden diese Gebote jedoch zur Auflage gemacht.

Verwaltung bittet um Zusammenarbeit von Spaziergängern und Behörden

Wörtlich heißt es in der Mitteilung: „Wer das Versammlungs- und Demonstrationsrecht beansprucht, muss auch Verantwortung dafür übernehmen – alles andere ist egoistisch und undemokratisch. Deshalb wäre es sinnvoll, wenn die Veranstalter einen Versammlungsleiter benennen würden und die Spaziergänge bei den entsprechenden Stellen anmelden.“ Für diesen Fall wird in Aussicht gestellt, dass die Versammlungen an einem zentralen Platz stattfinden und die Teilnehmer mitteilen könnten, wogegen sie demonstrierten, damit auch tatsächlich eine Meinungsbildung stattfinden könne.

Zu den Auswirkungen der bisherigen Praxis heißt es: „Die Montagsspaziergänge in dieser Form belasten letztendlich vor allem die Anwohner, Einzelhändler und Gastronomen in der Saarburger Innenstadt, da nicht nur das Image der Stadt Saarburg darunter leidet, sondern auch Kunden und Touristen montags die Geschäfte und Gastronomiebetriebe meiden.“ Die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger verhalte sich in der Pandemie solidarisch und verantwortungsbewusst, beachte die Vorgaben und stelle eigene Bedürfnisse hinten an. Das Schreiben endet mit einem Appell: „Diese Haltung gilt es zu stärken. Lassen Sie uns deshalb weiterhin als Gesellschaft zusammenstehen, um möglichst schnell und gemeinsam aus der Pandemie zu kommen.“

Telegram-Gruppe der Corona-Maßnahmen-Gegner wettert gegen öffentliche Stellungnahme der Verwaltung Saarburg

Das Schreiben der Verwaltung, das online veröffentlicht wurde, wird gelesen – auch in der Telegram-Gruppe der Corona-Maßnahmen-Gegner. Ein Mitglied reagiert darauf und vermutet in einem Post, die Angst, dass Gäste und Touristen ausbleiben, als treibende Kraft dahinter. Es ruft dazu auf, genau das auszunutzen. Ein anderes Mitglied schlägt vor, zwei bis drei Mal die Woche spazieren zu gehen und erhält dafür einen lachenden Smiley als Kommentar. Ein Dritter argumentiert, dass die Obrigkeit mit dem „Auffahren der Uniformen in Hundertschaftsstärke“ verhindern wolle, dass die Geschäftsleute sich den sogenannten Spaziergängern anschlössen. Er schließt daraus, dass derjenige, der diesen Druck ausübe, aus dem Amt rausgeworfen werden müsse.

Auf Facebook wurde das Schreiben der Verwaltung vielfach geliked und ihre Argumentation unterstützt. Die Montagsspaziergänge hingegen werden kritisiert. So heißt es beispielsweise „Es ist rücksichtslos, nervt und stört mehr als Maske tragen...wegen den Spaziergängern meidet man ab Montagnachmittag die Stadt.“ Im Zusammenhang mit der Aktion der Geschäftsleute, die die Lichter in ihren Läden am Montagabend ausschalten, um zu zeigen, dass sie die Spaziergänger nicht willkommen heißen, schreibt ein User: „Ich denke, die Mehrheit der Saarburger ist davon genervt. Es ist wichtig, dass sich auch mal die Mehrheit Gehör verschafft und sich nicht von einer aus unguter politischer Richtung beeinflussten Minderheit dominieren lässt.“

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