Kunst-Ausstellung Von der Kunstfähigkeit des Mülls

Trier · Die Trierer Galerie Junge Kunst zeigt Arbeiten von Andreas Techler. Der macht aus Altem Neues.

 Andreas Techler mit seinem „Aquarium“.

Andreas Techler mit seinem „Aquarium“.

Foto: Eva-Maria Reuther

Was in der Jungen Kunst  dieser Tage augenscheinlich still und geordnet daherkommt, geradezu unscheinbar in den Mitteln,  ist  von seinem Wesen her in höchstem Maße widerständig. Im Galerieraum in der Karl-Marx-Straße hat der Düsseldorfer Bildhauer und Performance-Künstler Andreas Techler seine Rauminstallation „Old but new“ ( „Alt, aber dennoch neu“) eingerichtet. Poesie trifft grafische Strenge – so kann man die beiden formal vollkommen entgegengesetzten Arbeiten, die im Zentrum der Ausstellung stehen, in einem Satz zusammenfassen.

Zwei dreieckige  kantige Zwillingstürme aus ehemaligen  Heizkörperverkleidungen ragen hinten an der Stirnwand des Galerieraums in die Höhe. Der regelmäßige  Rhythmus ihrer hölzernen  Sprossen, in die feine Linien gefräst sind,  wird im Wortsinn konterkariert vom geometrischen Muster der Drahtgitter, mit denen sie unterlegt sind. Abnutzungsspuren berichten vom anderen, früheren  Leben der Bauteile in ihren einstigen alltäglichen Verhältnissen. Ehemals alltägliche Gebrauchstüchtigkeit signalisieren auch die Reste der Glasfaserwolle gegenüber, die üblicherweise als Dämmmaterial verwendet wird. Übrig geblieben von einer Baustelle wallt sie poetisch in ihrem gläsernen „Aquarium“ und gibt sich den Anschein von Weichheit und fließender Form.

„Das ist meine große Welle“, lacht Techler in Anlehnung an die berühmte große Welle des Japaners Hokusai. Nicht nur seine Glasfaserwelle bricht sich ironisch an der Wand ihres Gehäuses. Irritation schafft auch augenzwinkernd der präparierte Panzer eines verblichenen Gürteltiers, der umgearbeitet zum Musikinstrument  zwischen die Sprossen der Türme geraten ist. Alles klar: Hier geht es um Arte Povera, macht man die kunstgeschichtliche Schublade im Kopf auf. Also um  die Kunst des „armen Materials“,  der Fundstücke und Abfallprodukte.  Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit. „Alle Kunst ist Inhalt“, hat Stuart Brisley festgestellt, der philosophische englische „Godfather der Performance“, bei dem Techler nach dem Akademiestudium in Düsseldorf in London studierte.

Vom tiefernsten Inhalt, der hier ästhetisch leicht und ohne didaktischen Zeigefinger  ins Bild gesetzt wird, lebt auch Techlers Kunst. Was sich darin im Bild veräußert, ist eine klare gesellschaftskritische Position gegenüber einer glatten, allzeit jungen makellosen Gesellschaft, wie sie die Werbung propagiert und die sämtliche Verwerfungen des Lebens verdrängt.  „Dreck und Schmutz sind unvermeidlich, negativ bewertete Bestandteile der Zivilisation“, schreibt Techler in einem seiner Texte zur Kunst. „Die Aufmerksamkeit konzentriert sich darauf, den Dreck unbemerkt verschwinden zu lassen“.  Mit seinen Arbeiten aus Abfallmaterialien macht Techler nicht nur das Kunstfähige im Unnützen sichtbar.  Er leistet  vielmehr auch Widerstand gegen Verdrängung  und Schönfärberei und letztendlich gegen die Entfremdung des Menschen von seiner realen in weiten Teilen widersprüchlichen Wirklichkeit.  Eine Ausstellung, die über die Ästhetik Denkräume eröffnet.

Die Ausstellung läuft bis 8. Juni. Geöffnet ist sie samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung unter Telefon 0651/9763840. Weitere Infos auf www.junge-kunst-trier.de

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