Literatur Was bleibt?

Erzähl mir etwas! Könnten wir Tote darum bitten, wahrscheinlich würden wir erfahren, was wirklich wichtig in ihrem Leben war. Es gäbe keinen besseren Zeitpunkt, ehrlich zu sein. In Robert Seethalers neuem Buch „Das Feld“ erzählen Tote, jeder für sich alleine und doch gemeinsam über alle.

Paulstadt heißt die fiktive Stadt, in der sie alle beerdigt sind – auf dem „Feld“ am Rande. Und weil jeder Mensch anders ist, fällt jede Erinnerung auch anders aus. Der eine braucht viele Worte und lange Sätze, der andere erzählt kurz und abgehackt. Sophie benutzt sogar nur ein einziges, unversöhnliches Wort. So entwickeln sich allmählich Zusammenhänge und das Bild einer Kleinstadt, wie sie überall hätte sein können.  

Robert Seethalers wunderschöne, einfache und mitreißende Sprache macht aus Sophie, Louisa, Robert und den anderen das, was Menschen ausmacht. Wortloses Aneinander-vorbei-Leben, Liebe, verloren gegangene Gefühle, Irrtümer, dezente Berührungen, zartes Glück, vielleicht mehr Schwäche als Größe und oft gar nichts Besonderes. Wenn wir uns irgendwann an die Hand erinnern, die unsere Hand immer gehalten hat, dann wäre doch alles gut. Möchte uns Seethaler verklickern, dass wir uns nicht so wichtig nehmen sollten, und dass Glück nicht laut ist …?

„Das Feld“ ist sofort hoch in der Spiegel-Bestseller-Liste eingestiegen und geblieben. Sehr erfolgreich war schon zuvor Seethalers Buch „Ein ganzes Leben“. Darin beschreibt der Österreicher das Leben des einfachen Arbeiters Andreas Egger, das unspektakulär und geradezu langweilig wäre, hätte es nicht dieser herrliche Autor für uns aufgeschrieben. Er erzählt Eggers Größe im Kleinen, so spannend, dass wir es verschlingen.

„Der Trafikant“, ein weiteres  vielgelobtes Seethaler-Buch aus dem Jahr 2012, ist verfilmt worden und soll im November in die deutschen Kinos kommen. Darin wird Robert Seethaler, der auch Schauspieler ist, einen überraschenden, kurzen Auftritt haben, heißt es – zum Vormerken für seine Fans!
Birgit Markwitan

Robert Seethaler: Das Feld, Verlag Hanser Berlin, 240 Seiten, 22 Euro.

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